Verband für Olympia 2016 fit machen
Düsseldorf (dpa) - Vor den Spielen ist nach den Spielen: Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) erlebt zwar seit Jahren wieder einen Aufschwung, hat aber mit einer verabschiedeten Personal- und Strukturreform schon die Weichen für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro gestellt.
Abgeschafft wird die bisherige Doppel-Spitze der Cheftrainer Cheick-Idriss Gonschinska (44) und Herbert Czingon (60) sowie die damit verbundene Aufgabenteilung zwischen Track und Field. „Es war mehr eine formale Arbeitsteilung, die sich weder inhaltlich noch sportfachlich wesentlich begründen ließ, zielgerichtete Abstimmungsprozesse und Entscheidungen erschwerte und notwendige Arbeitsfreiräume einengte“, erklärte DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen der Nachrichtenagentur dpa. „Deshalb wird die Cheftrainerposition auf eine Person reduziert.“
Nach den Pleiten von Athen 2004 und Peking 2008 hat der Deutsche Olympische Sportbund große Erwartungen an die Leichtathleten. „Ich gehe davon aus, dass wir mindestens einen deutschen Leichtathletik-Olympiasieger sehen werden“, sagte DOSB-Generaldirektor und Chef de Mission Michael Vesper in einem Interview mit dem Fachmagazin „Leichtathletik“. „Mit einigen Welt- und Europameistern sowie weiteren starken Athleten haben wir richtig gute Medaillenchancen.“
Mit 77 Teilnehmern stellt der DLV ein Fünftel der deutschen Olympia-Mannschaft (391). „Ich bin sehr froh, dass sich diesmal deutlich mehr Leichtathleten qualifiziert haben als 2008 für Peking“, sagte Vesper. Vor vier Jahren hatte Speerwerferin Christina Obergföll mit Bronze die einzige Medaille geholt. 2004 gewannen Steffi Nerius (ebenfalls Speer) und Nadine Kleinert (Kugelstoßen) jeweils Silber.
Nach London (27. Juli bis 12. August) wird Gonschinska als alleiniger Chefcoach die Verantwortung übernehmen. „Wir haben zwei hochkompetente Cheftrainer. Beide tragen die strukturellen Veränderung mit“, sagte Kurschilgen. „Es geht um den Zyklus 2013 bis 2016 und darüber hinaus. Um dem eine entwicklungsbezogene Perspektive zu geben, haben wir uns für den jüngeren Cheftrainer entschieden.“
Gonschinska genieße „hohe Akzeptanz im Trainerkreis wegen seines Fachwissens“. Als Coach habe er zudem erfolgreich im Hürdensprint, im 800/1500-Meter-Bereich und im Weitsprung gearbeitet. Auch der jüngste Aufwärtstrend im Lauf wird seinem Einfluss zugeschrieben. „Die Veränderungen im Lauf und Sprint sind zum großen Teil seinem Einfluss und seiner Handschrift mit dem DLV-Bundestrainerteam zuzuschreiben“, meinte Kurschilgen, dessen Aufgabenbereich sich ebenfalls verändert.
Wie sein Vorgänger Jürgen Mallow, dem Kurschilgen im November 2009 nachfolgte, hat er die Verantwortung für die DLV-Nationalmannschaften übernommen. Zukünftig soll Gonschinska für das Topteam des DLV zuständig sein. „Als Sportdirektor habe ich die Gesamtverantwortung, werde die Aufgaben aber mehr strategisch übergreifend und auch sportpolitisch ausrichten“, sagte Kurschilgen. Dazu gehören Gespräche mit Ministerien oder dem DOSB.
Auf der Trainerebene stehen noch weitere Veränderungen an. Bisher gibt es drei Leitende Bundestrainer für Wurf (Jürgen Schult), Mittel- und Langstreckenlauf (Tono Kirschbaum) und Mehrkampf (Claus Marek). Zusätzlich werden nach den London-Spielen entsprechende Stellen für Sprung und Sprint geschaffen. „Ich bin der Überzeugung, dass sich mit dieser Personalstruktur, weil sie klarer und präziser ist, konkrete Planungen und sportfachliche Steuerungsansätze effizienter gestalten lassen“, sagte Kurschilgen. „Und wenn wir das zum rechten Zeitpunkt bei den Höhepunkten umsetzen, ergibt das den gewünschten Erfolg.“
Wie wichtig eine gute Personaldecke in der Leichtathletik mit den 47 Disziplinen für den Erfolg sein kann, zeigt die Entwicklung in den vergangenen vier Jahren. Nach der Pleite in Peking hat der Bund die Personal-Fördermittel deutlich angehoben. Damit konnte die Zahl der Bundestrainer um elf auf 32 aufgestockt werden.