Viel fliegen, immer siegen: Heidler in Top-Form
Ostrau (dpa) - Noch weiter als ihr Hammer fliegt zurzeit nur Betty Heidler selbst. Erst ging sie bei einem Leichtathletik-Meeting im Senegal an den Start, zwei Tage später warf sie im tschechischen Ostrau und nun ehrt sie ihre Wahlheimat Frankfurt am Main für ihren Weltrekord in Halle (79,42 Meter).
Das Bemerkenswerte ist, dass diese Reiserei weder auf die Leistung noch auf den Erfolgshunger der Europameisterin schlägt. In Ostrau siegte Heidler mit der zweitbesten Weite ihrer Karriere (77,22). Es fehlte nicht viel, und sie hätte den zweiten Weltrekord binnen zehn Tagen aufgestellt.
„Das ist eine Mischung aus guter Form und viel Selbstvertrauen“, sagte die 27-Jährige nach ihrem dritten Erfolg in Serie. „Gerade bei internationalen Wettkämpfen mit dieser An- und Abreise auch noch so weit zu werfen, gibt mir ein gutes Gefühl. Ich bin sehr happy.“
Bei den Weltmeisterschaften in Daegu/Südkorea wird Heidler Ende August die größte deutsche Titelhoffnung sein. Dafür sprechen allein ihre herausragende Saisonbilanz und der Umstand, dass ihre große Rivalin Anita Wlodarczyk aus Polen bislang immer nur zuschauen konnte, wenn Heidler in diesem Jahr den Hammer herausholte. Auch in Ostrau fiel die Weltmeisterin wegen einer Verletzung aus.
Die gebürtige Berlinerin hat in den vergangenen Jahren aber auch einen Reifeprozess durchgemacht. Phasenweise ging es in ihrer Karriere derart auf und ab, dass selbst den absturzerfahrenen Fußballern ihres Vereins Eintracht Frankfurt dabei schwindelig geworden wäre. 2007 zum Beispiel gewann sie den WM-Titel. 2008 schied sie bei den Olympischen Spielen schon in der Qualifikation aus.
„Ich bin gelassener, ruhiger und selbstbewusster geworden“, sagte Heidler in Ostrau. Auch ihre Technik hat sie verbessert. „Wenn es technisch hinhaut, werfe ich auch weit. Das weiß ich mittlerweile.“
Heidler weiß allerdings auch, dass sie über 100 Meter hätte werfen können - und trotzdem nicht die Aufmerksamkeit eines Sprinters oder Springers bekommen hätte. Um das zu verbessern, hat der Hammerwurf eine eigene Wettkampfserie bekommen und fand in Ostrau einen Tag vor allen anderen Wettbewerben auf einer Nebenanlage statt.
Die Weltrekordlerin ist sich noch nicht ganz sicher, wie sie das finden soll. „Einerseits ist es schade, dass wir nicht im Hauptprogramm sind. Andererseits sind die Zuschauer so viel näher dran und können sich ganz auf die Hammerwerfer konzentrieren“, sagte sie. Der Abend in Ostrau spiegelte diesen Zwiespalt gut wieder: Heidler wurde nach dem Wettkampf von Reportern und Fans umringt, wie sie das nur selten erlebt. Sie verstand dabei aber auch ihr eigenes Wort kaum mehr. Denn der Meeting-Sprecher kündigte schon mit viel Gebrüll den folgenden Tag an. Den Tag mit Usain Bolt.