WM, Olympia, WM: Wettkampf-Marathon für Russland

Moskau (dpa) - Es ist ein Fünf-Jahres-Plan der Superlative: Für die Sportgroßmacht Russland beginnt am Samstag in Moskau mit der Leichtathletik-WM ein beispielloser Wettkampf-Reigen.

Olympische Spiele und Eishockey-WM sowie Formel 1 und Fußball-WM - bis 2018 jagt im größten Land der Erde ein Highlight das nächste. Dabei kleckert das Riesenreich nicht, um sich trotz aller politischen Probleme von der besten Seite zu präsentieren. Allein die erste Leichtathletik-WM in seiner Hauptstadt lässt sich das Riesenland Medienberichten zufolge fast 80 Millionen Euro kosten.

Schon die Eröffnungszeremonie, angeblich mit Szenen aus der Ballettwelt und der Raumfahrt, im riesigen Luschniki-Stadion gilt als verschwenderisch teuer. Zusatzkosten verursacht die Sicherheit: Nach dem Terroranschlag auf den Boston-Marathon im April kündigten die Organisatoren aufwendige Sicherheitsmaßnahmen für das einwöchige Großereignis an. „Es wird zusätzliche Kontrollen geben“, sagt der Präsident des Leichtathletik-Verbands, Valentin Balachnitschjow.

Den defizitären Staatshaushalt belaste dies aber nicht, denn Kremlchef Wladimir Putin schiebe die meisten WM-Kosten staatlichen Großunternehmen zu, berichtet die Zeitung „Kommersant“. Schon jetzt drücken die Milliarden-Ausgaben für die Olympischen Winterspiele im Februar 2014 im Schwarzmeer-Kurort Sotschi schwer auf das Budget, das vor allem von den Weltmarktpreisen für Öl und Gas abhängt.

Obgleich das Land eine reiche Rohstoffmacht ist, leidet es an einer maroden Infrastruktur: Es fehlt an Straßen, Hotels, Flughäfen. Für die immer wieder beschworene Modernisierung bringt der Kreml wiederholt Deutschland als „Premiumpartner“ ins Spiel. Doch deutsche Unternehmen in Russland stöhnen seit langem über Bürokratie, Korruption, Zollprobleme und viele technische Hindernisse.

Erhebliche Kritik gab es zu Jahresbeginn an der Organisation der WM. Der Kartenverkauf sei äußerst schleppend, hieß es vonseiten internationaler Verbände. Einheimische Athleten hatten zuletzt auch moniert, dass in der Millionenmetropole kaum für das Sportereignis geworben werde. Zumindest dies hat sich geändert: Auf Plakatwänden der Hauptstadt und auch unterirdisch - in der berühmten Metro - wirbt Superstar Usain Bolt auf Postern für das Kräftemessen der Weltelite.

Auf dem jamaikanischen Weltrekordler und sechsfachen Olympiasieger Bolt ruhen nach den jüngsten Dopingskandalen auch die Hoffnungen russischer Sportfans. Die Nachricht von positiven Dopingproben bei den Spitzenathleten Tyson Gay und Asafa Powell machte auch in Moskau Negativschlagzeilen. Es sind Probleme, die dem Riesenreich nicht fremd sind: Die Doping-Liste des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF vom Juli enthält die Namen von mehr als 30 russischen Sportlern.

Bereits vor zwei Jahren hatte die Staatsduma in Moskau ein Anti-Doping-Gesetz verabschiedet, das unter anderem den Handel mit verbotenen Substanzen unter Strafe stellt. „Die Kontrollen werden massiv ausgeweitet“, kündigte Sportminister Witali Mutko an. Doch an der Doping-Kultur im Land habe sich nichts geändert, meinen Kritiker.

Mit Spannung wird auch erwartet, ob eine der erfolgreichsten Karrieren der Leichtathletik-Geschichte in Moskau zu Ende geht - oder nur für längere Zeit unterbrochen wird. Weltrekordhalterin Jelena Issinbajewa war vor kurzem mit den Worten zitiert worden, ihre sportliche Laufbahn ende „100-prozentig“ mit dem Wettkampf. Dann aber hieß es, der 31-jährige Stabhochsprung-Star mache eine Kinderpause bis zu den Olympischen Sommerspielen 2014 in Rio de Janeiro.

Einen Abschied bedeutet die Weltmeisterschaft auf jeden Fall für das ehrwürdige Luschniki. Die 1956 gebaute gigantische Betonschüssel am Moskwa-Fluss wird nach der Abschlussfeier geschlossen und für mehr als eine Milliarde Euro renoviert. Zur Fußball-WM 2018 will Russland das Stadion als moderne Fußballarena präsentieren.