Aufholjagd bei Vettel-Team: „Alles für den Titel tun“
Shanghai (dpa) - Die Dominanz ist weg, die Titel-Zuversicht noch lange nicht. Nach gut zwei Wochen Klausur will Sebastian Vettel den „Gurken“-Ärger über sein Aus in Malaysia hinter sich lassen und mit neuer Kraft die Aufholjagd auf WM-Spitzenreiter Fernando Alonso und die starken McLaren starten.
„Wir werden alles tun, um die letzten 18 Rennen besser zu beenden und am Schluss des Jahres unseren Titel zu verteidigen“, versprach der Formel-1-Doppelweltmeister vor dem Großen Preis von China an diesem Sonntag.
„Ich habe, was das betrifft, vollstes Vertrauen. In mein Team, das Auto und auch in mich selbst“, sagte der 24-Jährige trotz nur 18 von 50 möglichen WM-Punkten aus zwei Rennen. „Wir haben noch viel zu tun und zu leisten, aber ich bin mir sicher, dass wir es gemeinsam schaffen können“, sagte der WM-Sechste.
Wie passend, dass Vettel seinen Kampfgeist mit einem Auftritt in einem Kung-Fu-Kurzfilm unterstreichen konnte. Als Schüler von Kampfkunst-Ikone Bruce Lee zu posieren, bereitete ihm großen Spaß. Bei dem PR-Spektakel entdeckte Vettel auch gleich Parallelen zum Rennfahren. „Man braucht Balance, Kontrolle und Technik, um im Kung Fu gut zu sein“, sagte Vettel, „aber ich bleibe dann doch bei meiner Art zurückzuschlagen: Am Sonntag auf der Strecke.“
Dabei dürfte Vettels Augenmerk nicht Narain Karthikeyan gelten. Der Inder hatte Ende März in Sepang im unterlegenen HRT-Auto Vettel nicht rechtzeitig Platz gemacht. Der Hesse schlitzte sich beim Überrundungsversuch einen Reifen auf, schied aus, und beschimpfte Karthikeyan als „Gurke“ und „Idiot“ und zeigte ihm den Mittelfinger.
Dass der Ärger immer noch nicht ganz verzogen ist, offenbarte sich während der Osterpause. „Die ersten beiden Rennen waren nicht perfekt, aber auch nicht allzu schlecht. Wir haben bewiesen, dass wir vorne mitfahren können - wenn dann mal ein Missgeschick passiert oder ein Problem auftaucht, kann man natürlich wenig dagegen machen“, sagte Vettel in Anspielung auf den Aussetzer Karthikeyans.
Es liegt aber nicht nur am Ausscheiden in Malaysia, dass Red Bull noch hinter der Konkurrenz herfährt. Der Technikkniff des sogenannten angeblasenen Diffusors, der Red Bull deutlich mehr Stabilität als der Konkurrenz verlieh, ist in diesem Jahr verboten. „Wir haben einen Plan, wie wir China angehen und auch unsere Probleme lösen. Ich bin schon überzeugt, dass wir das über kurz oder lang wieder in den Griff bekommen. Es macht die Sache spannender, wenn auch für uns nicht ganz so einfach“, sagte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko.
Den zu diesem frühen Saisonzeitpunkt stärksten Eindruck hinterlassen die McLaren von Auftaktsieger Jenson Button mit derzeit 25 WM-Zählern und dem aktuellen WM-Zweiten Lewis Hamilton (30). Indes machte Hamilton aus seinen zwei Pole Positions in den ersten beiden Rennen verhältnismäßig wenig: Zwei dritte Plätze. „Ich leugne es nicht, dass das enttäuschend ist, nicht wenigstens einmal gewonnen zu haben“, sagte der ungestüme Hamilton. Der ausgeglichenere und erfahrenere Part des britischen Duos setzt dagegen auf Geduld. „Wir sind immer noch am Anfang einer langen Saison“, mahnte Button.
Dass Ferrari-Pilot Alonso (35) als WM-Erster nach China reist, ist eher dem Fahrtalent des Spaniers, denn der Stärke der Scuderia zu verdanken. Teamkollege Felipe Massa ist noch völlig ohne Punkt. So halten sich hartnäckig Gerüchte, der Brasilianer könnte noch vor dem Start der Europa-Saison am 13. Mai in Barcelona ersetzt werden.
Die bisherigen Qualifikations-Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die Silberpfeile von Mercedes inzwischen stärker sind als die Ferrari-Flitzer. Gemessen daran ist die Bilanz von MercedesAMG mager: Rekordchampion Michael Schumacher sammelte bislang ein Pünktchen, Nico Rosberg gar keins. „Wir hoffen, dass wir an diesem Wochenende auf der Strecke erfolgreicher sein werden als bei den ersten beiden Saisonrennen“, sagte Teamchef Ross Brawn.
Unklar ist noch, wie es nach dem China-Rennen weiter geht. Über die Austragung des eigentlich unmittelbar im Anschluss geplanten Bahrain-Rennens ist eine rege Diskussion entbrannt. Möglich, dass die Debatte darüber die Tage bis zum China-Rennen bestimmt. Wegen der anhaltenden politischen Proteste sollen einige Teams auf eine Absage des Rennens - wie schon im Vorjahr - drängen.