Ecclestone-Prozess um Schmiergeld rückt näher

München (dpa) - Jetzt wird es wirklich eng für Bernie Ecclestone: In der Schmiergeld-Affäre um Ex-Bankier Gerhard Gribkowsky droht dem Briten im schlimmsten Fall eine lange Haftstrafe, aber der einst allmächtige Formel-1-Herrscher gibt sich weiterhin betont lässig.

„Mich berührt das nicht wirklich“, erklärte der 82-Jährige der „Bild“ (Donnerstag), nachdem ihn die Staatsanwaltschaft München wie erwartet wegen Bestechung und Beihilfe zur Untreue angeklagt hatte.

Die Münchner Gerichtssprecherin Margarete Nötzel sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Anklage sei ins Englische übersetzt und Ecclestone bereits zugestellt worden. Einen Rücktritt als Formel-1-Chef schloss der Engländer erneut aus. „Ich wüsste nicht, warum ich das tun sollte. Ich werde das tun, was ich immer gemacht habe: Weiter arbeiten und meinen Job tun“, sagte er der „Bild“. „Für mich ändert sich durch diese Sache nichts.“ Falls es zu einem Prozess in München komme, werde er sich stellen. „Wenn es sein muss, sicher, dann bin ich da. Warum nicht?“

Bedeckt hielt sich der einflussreiche Strippenzieher bei der Frage, ob er Fehler gemacht habe. „Dazu will ich gar nichts sagen. Alles, was ich sagen würde, wird momentan auf die Goldwaage gelegt“, meinte er. Zuvor hatte er eingeräumt, dass seine Anwälte in dem hochbrisanten Fall eine Anklage der Münchner Staatsanwaltschaft akzeptiert haben. „Das bedeutet, dass sie auf die Anklage antworten müssen, was sie energisch tun“, sagte er. Die Staatsanwaltschaft werfe ihm vor, er habe „jemand angeblich bestochen“. Ecclestone behauptete, er habe „nichts Illegales“ getan. Seine Verteidigung teilte mit, sie werde „in Kürze bei der zuständigen Strafkammer eine umfassende Stellungnahme zu den Vorwürfen einreichen“.

Sollte es tatsächlich zur Verhandlung kommen, fände diese nach Gerichtsangaben nicht vor Mitte September statt. Nach Zustellung der Anklage haben Ecclestones Anwälte bis Mitte August Zeit für ihre Stellungnahme. Ecclestone müsste vor Gericht persönlich erscheinen. Das Strafgesetzbuch sieht für Bestechung eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Für den besonders schweren Fall der Bestechung sind laut Gesetz ein bis zehn Jahre Haft möglich.

Seit 2011 ermittelten die Münchner Behörden. Im vergangenen Sommer war bereits Ecclestones einstiger Geschäftspartner Gribkowsky zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt worden. In der Urteilsverkündung betonte der Richter damals schon, dass der ehemalige Risiko-Vorstand der BayernLB von Ecclestone „ins Verbrechen geführt“ worden sei. Dem beschuldigten Briten wird vorgeworfen, Gribkowsky beim Verkauf der Formel-1-Anteile der Bank rund 44 Millionen Dollar Schmiergeld gezahlt zu haben. Ecclestone hat die Vorwürfe stets bestritten und sprach seinerseits von Erpressung. So soll Gribkowsky Anspielungen gemacht haben, Ecclestones undurchsichtiges Geschäftsmodell den britischen Steuerbehörden zu melden.

Zumindest für den Fall einer Verurteilung scheint Ecclestone persönlich auf Konsequenzen eingestellt zu sein. Die Besitzergesellschaft CVC „wird wahrscheinlich gezwungen sein, mich loszuwerden, wenn die Deutschen mich holen. Es ist ziemlich klar, wenn ich eingesperrt würde“, hatte er Ende vergangenen Jahres dem „Sunday Telegraph“ gesagt. CVC soll bereits einen Headhunter für die Nachfolge Ecclestones engagiert haben.

Über 30 Jahre lang stand der einstige Gebrauchtwagenhändler, der im Fahrerlager nur „Bernie“ gerufen wurde, an der Spitze der Königsklasse. Durch gewieftes Geschäftsgebaren machte er die Formel 1 zu einem milliardenschweren Geschäft und einer der finanziell lukrativsten Sportarten weltweit.

Trotzdem kursieren im Fahrerlager seit langem Meinungen, dass „Bernie“ bei einer Anklage auf dem wichtigsten Posten in der Formel 1 nicht mehr tragbar sei. Weltweit operierende Unternehmen wären zu Konsequenzen durch ihre sogenannten Compliance-Richtlinien zum Handeln gezwungen. Der durch das Mercedes-Werksteam in der Königsklasse vertretene Daimler-Konzern hatte in der Vergangenheit mehrfach angedeutet, dass er sich im Fall einer Verurteilung Ecclestones aus dem Grand-Prix-Sport zurückziehen könnte.

Nach Bekanntwerden der Anklage hat der Weltkonzern nun die Aufklärung in der Bestechungsaffäre befürwortet. „Compliance ist für Daimler von zentraler Bedeutung“, erklärte das Unternehmen in einer kurzen Stellungnahme. „Wir werden uns jetzt über die Inhalte des Verfahrens und das weitere Vorgehen mit den jeweiligen Partnern der Formel 1 (Teams, FIA, F1-Gesellschafter) beraten und danach wieder äußern.“ Von anderen Top-Teams wie Ferrari oder Red Bull war trotz Anfrage zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo hatte Ecclestone allerdings in der Vergangenheit im Fall einer Anklage den Rücktritt nahegelegt. Weil er die Formel 1 liebe, werde Ecclestone der Erste sein, der einen Schritt zurücktrete, „im Interesse der Formel 1“. Der ganze Vorgang könne „die Formel 1 beschädigen“, hatte der Italiener gesagt.

So wie es aussieht, wird Ecclestone erneut im großen Saal des Münchner Landgerichts erscheinen müssen. Dieses Mal allerdings nicht als Zeuge, sondern als Angeklagter: Zwei Tage lang wurde der nun stark unter Beschuss geratene Formel 1-Boss dort von Richtern und Staatsanwälten ausgefragt im Prozess gegen Gribkowsky. Nach seiner launigen Aussage im November 2011 durfte Ecclestone wieder in seinen Privatjet steigen und zum nächsten Rennen fliegen. Diesmal könnte sein Trip nach Germany weitreichende Konsequenzen haben.