Formel-1-Ikone Fangio: In Rennwagen verliebt
Buenos Aires (dpa) - Juan Manuel Fangio war mehr als vier Jahrzehnte der Rekordweltmeister der Formel 1 - bis Michael Schumacher kam. Noch immer hält Fangio die Marke für den ältesten Titelgewinner, bis heute wird der Argentinier als Held verehrt.
Am 24. Juni wäre er 100 Jahre alt geworden.
Noch im Auto vergoss Michael Schumacher ein paar Tränen. An diesem Julitag in Magny-Cours im Jahr 2002 hatte der Formel-1-Superstar Geschichte geschrieben und mit seinem fünften Weltmeistertitel die uralte Bestmarke des legendären Juan Manuel Fangio eingestellt. Doch für „Schumi“, der danach den Rekord gar auf sieben WM-Triumphe schraubte, stand fest: „Was Fangio damals geleistet hat, kann ich nie erreichen.“ Bis heute ist der Argentinier Fangio, der am 24. Juni 100 Jahre alt geworden wäre, weit über seine Heimat hinaus eine Motorsport-Ikone.
Als „Renn-Opa“ im Alter von 40 Jahren brauste „El Chueco“, „der Krummbeinige“, 1951 im Alfa Romeo zu seinem ersten WM-Titel. Autorennen waren damals etwas für Verrückte, vor allem in Südamerika ging es im irren Tempo zumeist auf Naturstraßen über Stock und Stein. Doch für Fangio waren die lebensgefährlichen Abenteuer in den fliegenden Kisten eine Herzenssache. „Ich habe mich in meine Rennwagen regelrecht verliebt, ihnen sogar Frauennamen gegeben“, verriet der gelernte Kfz-Mechaniker.
Sein erstes Rennen war er 1936 in einem geliehenen Ford T, der eigentlich als Taxi diente, gefahren. Vier Jahre später gelang ihm beim „Gran Premio Internacional del Norte“, einer 9500 Kilometer langen Tortur von Buenos Aires nach Lima (Peru) und zurück, sein erster großer Erfolg.
Dabei wollte der als viertes von sechs Kindern italienischer Einwanderer in Balarce geborene Fangio eigentlich Fußballer werden. Der Zufall formte ihn jedoch zum Ausnahmepiloten. „Wenn meine Freunde und ich etwas ausgeheckt hatten, drängten sie mich danach ans Steuer, um so schnell wie möglich das Weite suchen zu können“, erklärte er einst. „Ich lernte Autofahren auf der Flucht.“ Und wie.
Nach einer Zwangspause wegen eines Unfalls in der Formel-1-Saison 1952 musste sich Fangio ein Jahr später nur seinem „großen Freund und Konkurrenten“ Alberto Ascari aus Italien beugen. Dann aber konnte den sensiblen Steuerkünstler niemand mehr aufhalten. Im berühmten Mercedes-Silberpfeil W 196 holte er die Titel Nummer zwei und drei. 1956 wurde Fangio dann Weltmeister mit Ferrari.
Sein fünfter und letzter Triumph schließlich ist auf ewig mit der unglaublichen Aufholjagd beim Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring 1957 verbunden. Nach einem verkorksten Boxenstopp schien sein Rückstand auf die Ferrari-Piloten Peter Collins und Mike Hawthorn uneinholbar. Doch Fangio raste im Maserati wie entfesselt zu immer neuen Runden-Bestzeiten und siegte doch noch. Bis heute ist er mit 46 Jahren und 42 Tagen der älteste Formel-1-Champion.
Im Jahr darauf trat Fangio nach zwei Rennen ab. „Ich brauchte mir und der Welt nichts mehr zu beweisen. Ich war zufrieden und spürte zugleich, dass es Zeit für mich sei“, sagte der Grand-Prix- Grandseigneur. Seine Bilanz ist atemberaubend: 24 Siege und 28 Pole Positions in 51 Formel-1-Rennen.
Ein Museum in seiner Heimatstadt Balarce erinnert inzwischen an den Rennfahrer und Menschen Juan Manuel Fangio, der nach seiner aktiven Karriere als Mercedes-Repräsentant in Argentinien seiner Liebe zum Automobil treu blieb. Für Millionen Fans ist der am 17. Juli 1995 an einem Nierenleiden gestorbene Steuerkünstler noch immer ein Held. Eine Zuneigung, die der bescheidene Fangio stets genoss. „Ich empfinde die Verehrung meiner Landsleute und anderer nicht als Last, sondern als Lob für gute Leistungen“, beteuerte er.