Interview mit Sebastian Vettel: „Will am liebsten schreien“
Montreal (dpa) - Fragen an Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel nach dem knapp verpassten Sieg beim Großen Preis von Kanada:
Wie groß war die Hektik und die Anspannung bei so einem extremen Rennen?
Vettel: „Bei uns war es immer ziemlich ruhig. Wir haben uns heute nicht viele Fehler erlaubt, ich habe mir einen zum Schluss erlaubt, der mich vielleicht den Sieg gekostet hat. Das ärgert mich natürlich ungemein, und ich will am liebsten schreien. Aber es gab nicht viele Leute, die heute so wenige Fehler gemacht haben. Am Ende war es eben nur der zweite Platz.“
Wie haben Sie den Krimi in den letzten Runden erlebt, als Jenson Button Sie noch einholte?
Vettel: „Ich war wahrscheinlich zu konservativ, als ich in Führung lag. Hätte ich die Kuh ein bisschen fliegen lassen, wären es vielleicht sechs, sieben Sekunden Vorsprung gewesen. Aber ich sah keine Notwendigkeit. Dann sah ich Jenson kommen. Es hätte wahrscheinlich gereicht, aber dann hab ich den Fehler gemacht. Danach war es einfach für ihn zu überholen. Das sind gute Punkte, aber wenn man es in der Hand hat und es dann wegschenkt, dann ist das kein gutes Gefühl.“
Wie waren diese vier Stunden von Montreal insgesamt für Sie?
Vettel: „Es war ein langes Rennen, die Pause war lang. Das war eine der größten Herausforderungen in diesem Jahr. Es war ziemlich schwierig, das Safety-Car hat uns nie geholfen. Wichtig ist immer, das Rennen zu beenden. Ein Fehler in der letzten Runde kann natürlich passieren.“
Zum dritten Mal hintereinander hat ein Kontrahent Sie bis zum Ende gejagt. Wie gehen Sie damit um?
Vettel: „Jede Situation ist anders. Hier war es schwierig, weil die Bedingungen schwierig waren. Die Strecke war in einem sehr rutschigen Zustand. Insgesamt war es sehr einfach, einen Fehler zu machen, wie ich am Ende gezeigt habe. Es gab nur noch eine trockene Spur, ich hatte kurz die Hinterräder blockiert, war dann die 30 Zentimeter zu weit rechts und habe sofort ein bisschen von der feuchten Fahrbahn erwischt. Ich hatte dann zu tun, das Auto noch zu fangen. Aber ich konnte es noch retten und dann den zweiten Platz behaupten. Wenn man am Limit fährt, dann macht man auch Fehler.“
In der WM liegen Sie trotzdem 60 Punkte vorn. Ist das ein Trost?
Vettel: „Es hätte besser sein können heute. Es ist noch ein weiter Weg, aber am Ende kann Platz zwei nicht schaden.“
Aber so richtig freuen können Sie sich über einen zweiten Platz nicht mehr, oder?
Vettel: „Natürlich freut man sich. Nach so einem Rennen, es war extrem schwierig. Es hätten auch null Punkte sein können. Aber wenn man das Rennen eine halbe Runde vor Schluss hergibt, fuchst es einen natürlich.“