Juristin verliert die Fassung im Ecclestone-Prozess
München (dpa) - Übersetzungsprobleme haben im Bestechungsprozess gegen Formel-1-Chef Bernie Ecclestone für Wortgefechte gesorgt und eine wichtige Zeugin in Tränen ausbrechen lassen.
Eine Dolmetscherin hatte am Mittwoch vor dem Landgericht München Schwierigkeiten, die Aussage der Formel-1-Hausjuristin Sacha Woodward-Hill korrekt vom Englischen ins Deutsche zu übersetzen. Ecclestones Anwälte korrigierten sie mehrfach, weil sie einzelne Sätze nicht richtig wiedergegeben habe. Nach rund einer Stunde musste die Dolmetscherin gehen.
Ecclestones Anwälte betonten, die exakte Übersetzung sei wichtig, da Woodward-Hill eine wichtige Zeugin ist. Die Britin arbeitet seit fast 20 Jahren mit Ecclestone zusammen und gilt als eine seiner engsten Vertrauten. Falls Ecclestone wegen Bestechung verurteilt wird und seinen Job verlieren würde, wird sie sogar als mögliche Kandidatin für eine Nachfolgelösung an der Formel-1-Spitze gehandelt.
Der Streit um die Übersetzung setzte ihr aber offenbar zu. Mehrfach wurde sie gebeten, einzelne Passagen zu wiederholen - anscheinend zu viel für die ranghohe Juristin: In einer kurzen Unterbrechung verließ sie weinend den Saal. Wenige Minuten später hatte sie sich wieder gefangen. Auf Vorschlag von Ecclestone wurde ihre Aussage schließlich von seiner eigenen Dolmetscherin übersetzt, die seit Jahren mit der Materie vertraut ist und die komplizierten Begriffe kennt. Mit ihr an der Seite lief es dann am Nachmittag deutlich besser. Für Ecclestone wurde eilig ein anderer Dolmetscher einbestellt.
Die Übersetzungsprobleme fingen schon bei der Abfrage der Personalien von Woodward-Hill an. „Unmarried“ sagte die Juristin auf die Frage nach ihrem Ehestand. Die Dolmetscherin verstand stattdessen aber „I'm married“ und übersetzte es somit als „verheiratet“. Während es sich dabei noch um ein akustisches Verständnisproblem handelte, ging es kurz darauf um die Auslegung einzelner Wörter: „Cordial“ übersetzte die Dolmetscherin mit „freundlich“ und löste damit eine Diskussion darüber aus, ob es nicht besser „herzlich“ heißen müsste.
Im Kern geht es in dem Prozess um den Vorwurf, Ecclestone habe dem früheren BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowksy 44 Millionen Euro Schmiergeld gezahlt, damit dieser die Formel-1-Mehrheit an seinen Wunschinvestor verkauft und er seinen Chefposten behalten konnte. Woodward-Hill widersprach aber dem Vorwurf der Anklage, dass der Banker bei einem Treffen am Münchner Flughafen im Jahr 2005 offen mit der Absetzung Ecclestones als Formel-1-Chef gedroht habe. „Wenn Dr. Gribkowsky ihm mit dieser Drohung gekommen wäre, dann wäre er mit Sicherheit in sein Flugzeug gestiegen und nach Hause geflogen.“ Die Staatsanwaltschaft sieht die Angst vor einem Machtverlust als Ecclestones Motiv an.
Ecclestone stellte das Ganze hingegen als eine Art Erpressung dar. Gribkowsky habe damit gedroht, ihn bei den britischen Steuerbehörden anzuschwärzen und ihnen zu erzählen, dass Ecclestone entgegen seiner Aussagen immer noch mit seiner Familienstiftung Bambino verbunden sei. Dies hätte zu einer milliardenschweren Steuernachzahlung führen können. „Mein Eindruck damals war, dass Herr Gribkowsky sehr wohl der Ansicht war, dass es eine solche Beziehung gibt“, sagte Woodward-Hill. Es sei eine Taktik der Banken gewesen, denen die Formel 1 damals gehörte, Ecclestone damit in Rechtsstreitigkeiten unter Druck zu setzen. „Sie wussten gut, dass Herr Ecclestone damals eine Steuerprüfung hatte und wenn sich eine solche Verbindung hätte nachweisen lassen, wären die Konsequenzen für ihn sehr schwerwiegend gewesen.“