Rätselraten bei Ferrari: Was wird aus Räikkönen?
Spielberg (dpa) - Sebastian Vettel muss um einen wesentlichen Wohlfühlfaktor bei Ferrari bangen. Schon seit Wochen wird über die Zukunft seines Teamkollegen und Kumpels Kimi Räikkönen bei der Scuderia spekuliert.
Der finnische Formel-1-Weltmeister von 2007 reagiert mittlerweile leicht gereizt auf Fragen, was aus ihm im kommenden Jahr wird. „Ich weiß es nicht. Ich habe einen Vertrag bis Ende 2016. Ich habe keine Ahnung, was 2017 passiert“, nuschelte der aktuelle WM-Vierte zum Auftakt des Grand-Prix-Wochenendes in Spielberg. „Die Leute können sagen, was sie wollen. Aber die meisten von ihnen verstehen nicht, was wirklich vor sich geht.“
Zuletzt hatte Ferrari-Präsident Sergio Marchionne den Druck auf den 36-Jährigen erhöht. Räikkönen müsse beweisen, „dass er es verdient, Ferrari-Pilot zu sein.“ Ähnlich hatte sich auch Teamchef Maurizio Arrivabene geäußert.
Prompt wurden Nachfolge-Kandidaten gehandelt: Angefangen von Force-India-Pilot Sergio Perez, Daniel Ricciardo von Red Bull bis hin sogar zum WM-Führenden Nico Rosberg von Mercedes.
Doch echte Alternativen sind sie nicht. Der Mexikaner Perez war bei der Ferrari-Academy, wurde aber nicht für gut genug befunden. Ricciardo verlängerte seinen Vertrag bei Red Bull, weil er dort größere Chancen auf den WM-Titel sieht. Und Rosbergs neuer Vertrag beim Branchenprimus Mercedes gilt nur noch als Formsache.
Dabei besteht bei Ferrari eigentlich kaum Handlungsbedarf. Für Vettels Titel-Projekt ist Räikkönen der ideale Partner, auch wenn der letzte Ferrari-Weltmeister seit seiner Rückkehr 2014 keinen Sieg holte und nur sechs Mal auf das Podium fuhr. „Kimi ist sehr offen und direkt. Wenn ihn etwas stört, dann sagt er das. Das hilft der Atmosphäre im Team“, hatte Vettel einmal gesagt.
Der Heppenheimer ist die zentrale Figur bei Ferrari. Er pusht das Team, bringt es weiter. Und Vettel kann sich voll darauf konzentrieren, den Traditions-Rennstall wieder nach vorn zu bringen, weil Räikkönen seine Position nie in Frage stellt. Anders als in Vettels letztem Jahr bei Red Bull 2014, als neben ihm in Ricciardo ein mindestens ebenbürtiger Stallrivale fuhr.
Die Fahrer-Konstellation Vettel/Räikkönen erinnert an die Ära Michael Schumacher, der in Rubens Barrichello und Felipe Massa über viele Jahre Partner hatte, die ihn nie gefährdeten. Ein gefährliches Reizklima wie zwischen Rosberg und Weltmeister Lewis Hamilton bei Mercedes kann so bei Ferrari nicht aufkommen.
Vettel ist mit seinem Teamkollegen sogar befreundet - was in der Formel 1 eine Seltenheit ist. Schon vor der gemeinsamen Zeit bei Ferrari spielten die beiden in ihrer Wahlheimat Schweiz häufig Badminton. Seit sie nicht mehr in unmittelbarer Nachbarschaft wohnen, treffen sie sich zwar seltener. An ihrer gegenseitigen Wertschätzung hat sich aber nichts geändert.
Räikkönen selbst ist in den Jahren ruhiger geworden. Wilde Partybilder gibt es nicht mehr. Ein Grund ist sein anderthalbjähriger Sohn Robin. Nach dem Deutschland-Rennen auf dem Hockenheimring will der Finne seine Freundin Minttu Virtanen heiraten - im kleinen Kreis. Ein neuer Vertrag wäre ein passendes Geschenk von Ferrari.