Vettel vor Krönung auf Paradestrecke Suzuka

Suzuka (dpa) - Auf seiner Paradestrecke Suzuka ist alles bereit für Sebastian Vettels zweiten WM-Triumph, nur der Fast-Weltmeister will von der Partyplanung immer noch nichts hören.

„Lasst uns doch darüber reden, wenn es soweit ist, und nicht davor. Der eine Punkt fehlt noch, und den müssen wir erstmal kriegen“, mahnte der Formel-1-Titelverteidiger vor dem vermutlich entscheidenden Rennen in Japan. Echte Zweifel an der erneuten Krönung des Hessen aber gibt es nicht. Schon ein zehnter Platz des WM-Spitzenreiters reicht zur Entscheidung im fünftletzten Saisonrennen.

Da wirkt Vettels Tiefstapel-Taktik schon fast übertrieben. „Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben“, sagte der 24 Jahre alte Red-Bull-Star zuletzt nach seinem neunten Saisonsieg in Singapur fast in jedes Mikrofon. Dabei ist rechnerisch nur noch McLaren-Pilot Jenson Button als Konkurrent übrig - und der müsste schon alle fünf verbleibenden Rennen gewinnen und Vettel komplett punktlos bleiben, damit noch ein Titelwunder eintritt. „Wir brauchen da keine Luftschlösser zu bauen und uns etwas vormachen“, sagte Button der „Welt am Sonntag“.

Als Aufmunterung verlängerte McLaren immerhin den auslaufenden Vertrag mit Button gleich um mehrere Jahre. „Ich habe mich noch bei keinem Team so sehr zu Hause gefühlt wie bei McLaren“, sagte der Brite. „Er ist einer der fähigsten und am meisten respektierten Fahrer, die wir je hatten“, lobte Teamchef Martin Whitmarsh seinen Schützling.

Doch auch Button wird die Wende nicht mehr schaffen. Vettel ist in dieser Saison in 14 Rennen stets ins Ziel gekommen und fuhr dabei nur einmal als Vierter am Podium vorbei. Seit der Sommerpause hat der Deutsche alle drei Rennen gewonnen. In Suzuka startete der Heppenheimer bislang zweimal und kam jeweils als Erster ins Ziel. „Ich mag die Strecke dort unheimlich“, bekannte Vettel.

Auch wenn das regnerische Wetter am Mittwoch kurz vor der Ankunft der Fahrer wenig einladend wirkte: Auf dem 5,807 Kilometer langen Kurs am Rande eines Vergnügungsparks ist der Boden bereitet für die Fortsetzung von Vettels Rekordjagd. Sogar die Saison-Siegesbestmarke von Michael Schumacher aus dem Jahr 2004, als der Kerpener 13 Rennen gewann, könnte der Red-Bull-Star noch übertreffen. „Es macht im Moment riesigen Spaß“, sagte Vettel.

Und ginge es nach seinem Red-Bull-Team, könnte der Spaß noch ganz lange weitergehen. Der österreichische Rennstall will den Kontrakt mit dem Hessen bis 2016 verlängern. „Das stimmt“, bestätigte Red-Bull-Motorsportdirektor Helmut Marko dem Magazin „Sport Bild“. Erst vor der laufenden Saison hatte Vettel vorzeitig die Zusammenarbeit bis Ende 2014 besiegelt. Nun will Red Bull den Champion am liebsten gar nicht mehr hergeben.

Die Konkurrenz will bei der großen Vettel-Parade in Suzuka aber keineswegs nur Staffage sein. „Wir haben auch ein schnelles Auto. Und die Strecke sollte unseren Stärken entgegenkommen“, betonte Buttons Teamkollege Lewis Hamilton. Der Champion von 2008 hatte in Singapur wie auch Ferrari-Chefpilot Fernando Alonso und Vettels Stallrivale Mark Webber auch die letzten WM-Hoffnungen begraben müssen. „Wir müssen die letzten fünf Rennen nutzen, als wären sie schon ein Test für 2012“, forderte Alonso.

Allerdings geht es diesmal beim Japan-Gastspiel der Königsklasse um mehr als nur Sport. „Nach der Tragödie, die das Land im März getroffen hat, ist die ganze Formel-1-Gemeinde fest gewillt, ein beispielhaftes und spannendes Rennen für unsere loyalen Fans hinzulegen“, sagte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug. Michael Schumacher fährt aus Respekt vor den unbeugsamen Japanern mit einer Nippon-Flagge auf dem Helm.

Besonders emotional dürfte sein Heimrennen für Sauber-Pilot Kamui Kobayashi werden. Der Grand Prix sei „ein großes Ereignis, er ist etwas sehr Positives für die Menschen und auch für das Land, weil das Rennen internationale Wahrnehmung bringt“, sagte der 25-Jährige. Auf seine Einladung hin singt ein Mädchenchor aus der Präfektur um das zerstörte Atomkraftwerk Fukushima vor dem Start die Nationalhymne. Auch für Vettel wohl der letzte Moment des Innehaltens vor der erwarteten großen Titel-Sause.