Vettel vor viertem WM-Coup: „Steckt in DNA des Teams“
Greater Noida (dpa) - Vor der exotischen Kulisse Neu-Delhis will Sebastian Vettel sein vorzeitiges WM-Happy-End inszenieren. Schon die schlechteste Saisonplatzierung reicht dem Red-Bull-Dauersieger für die große Party im Titel-Neuland Indien.
Noch nie wurde ein Pilot auf dem jungen Buddh International Circuit Formel-1-Weltmeister. Vettel will es an diesem Sonntag schaffen. Und auf dem Kurs, auf dem er beide bisherigen Rennen von der Pole Position aus gewann, genügt dem 26 Jahre alten Heppenheimer bereits Rang fünf. Vettel will die Premieren-Sause in Greater Noida aber auch mit einem weltmeisterlichen Sieg eröffnen. „Ich trete mit dem Ziel an zu gewinnen“, kündigte der So-gut-wie-Champion an - es wäre sein sechster Saisonsieg in Serie und der 36. seiner Karriere.
Anspannung? So gut wie keine Spur. „Je mehr er gewinnt und je näher die WM kommt, umso lockerer wird er“, sagte jüngst Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko über Nimmersatt Vettel. Wird er mindestens Fünfter, kann der rechnerisch einzig noch verbliebene Verfolger Fernando Alonso im Ferrari in den ausstehenden Grand Prix in Abu Dhabi, Austin und Sao Paulo nichts mehr an Vettels viertem Titel nacheinander ändern. Selbst ein Sieg in Indien würde Alonso, der seit über fünf Monaten nicht mehr gewann, nicht reichen. Vettel war hingegen mit Ausnahme seines Ausfalls in Silverstone nie schlechter als Vierter. Neunmal gewann er bereits.
Und Vettel hat längst den Tunnelblick Richtung WM-Vierling. „Wir greifen immer so viel an, wie wir nur können. Es steckt einfach in der DNA des Teams“, gewährte der 26-Jährige nach dem Grand Prix von Japan vor zwei Wochen der deklassierten Konkurrenz einen Einblick in die Erbmasse seiner Red-Bull-Mannschaft.
Von Lockerheit kann bei der Konkurrenz kaum die Rede sein. Ferrari, Mercedes und Außenseiter Lotus stecken im millionenschweren Gerangel um Platz zwei in der Konstrukteurswertung. Vier Grand Prix vor Saisonende hat Red Bull auch hier mit 445 Punkten die Nase klar vorn. Satte 148 Zähler weniger hat der erste Verfolger Ferrari. Mit 287 und 264 Punkten auf dem Konto folgen Mercedes und Lotus.
Auf die Rolle des ewigen Zweiten hat Alonso keine Lust mehr. Bald sieben Jahre in Serie ohne Fahrer-Titel gehen dem stolzen Spanier gewaltig auf die Nerven. Zwar ist Alonso bei Ferrari noch vertraglich gebunden, doch in dieser Saison hat er sich immer mehr von der Scuderia entfremdet. Zudem macht Honda Druck, dass McLaren seinen einstigen Piloten zurückholt. Die Japaner sind von 2015 an neuer Motorenpartner und dringen auf einen Top-Fahrer.
Die Angst vor einem Abrutschen geht auch bei Mercedes um. Nach dem Tiefschlag von Suzuka, als Lewis Hamilton ausfiel und Nico Rosberg nur als Achter über die Ziellinie fuhr, kündigte Team-Aufsichtsratsboss Niki Lauda eine knallharte Aussprache an. „Wir sind als Team und mit der Kraft des Konzerns im Rücken so aufgestellt, dass sich unsere Leistung an Red Bull und nicht an Lotus orientieren muss“, machte Motorsportchef Toto Wolff das minimale Selbstverständnis der Silberpfeile klar.
Unter Druck steht auch Nico Hülkenberg, der für 2014 offiziell noch keinen neuen Arbeitgeber vorweisen kann. Mit 32 Punkten aus den vergangenen vier Rennen hat der Emmericher zwar beste Eigenwerbung für ein attraktives Formel-1-Cockpit betrieben. Doch Hülkenberg kämpft auch gegen die millionenschwere Mitgift der Bezahlfahrer. Und wollen begehrte Teams wie Lotus, Sauber oder Force India darauf verzichten? Seine Zukunft werde sich Ende Oktober klären, kündigte der 26-Jährige jedenfalls an. Die Zeit läuft.
Vettel hat sie hingegen auf seiner Seite. Mit 26 Jahren und 116 Tagen würde der Heppenheimer am Sonntag liebend gerne als jüngster Vierfach-Weltmeister in die Formel-1-Historie eingehen. „Ob das dort passiert oder nicht, ist nicht so wichtig. Hauptsache, es passiert“, meint Vettel. Es ist die porentiefe Gelassenheit eines Dauersiegers.