Vielseitigkeitsreiter Winter tödlich verunglückt
Luhmühlen (dpa) - Der Tod von Benjamin Winter hat die Vielseitigkeitsreiter-Szene schockiert. „Wir sind alle fassungslos. Ich kann es selbst noch nicht glauben“, sagte der zweimalige Team-Olympiasieger Peter Thomsen in Luhmühlen.
Kurz zuvor war bekanntgeworden, dass der 25 Jahre alte Winter seinen schweren Kopfverletzungen erlegen war. Diese hatte sich der Dortmunder bei einem Sturz mit seinem Pferd Ispo im Gelände der Vier-Sterne-Prüfung in der Lüneburger Heide zugezogen. „Bestürzt und in tiefer Traurigkeit haben wir von Benjamin Winters Tod erfahren“, hieß es in einer Erklärung der Veranstalter.
Am Abend sprachen sich die Reiter nach Beratungen mit dem Veranstalter für eine Fortsetzung des Turniers in der Lüneburger Heide aus. Auch die Familie des Verunglückten hatte dafür plädiert. „Seine größte Sorge wäre vielmehr, dass sein Unfall dazu führen könnte, dass sein Sport in der Öffentlichkeit schlecht geredet wird. Bitte respektieren sie diesen Wunsch meines Sohnes“, sagte Sybille Winter.
Vor den abschließenden Springen der Drei- und der Vier-Sterne-Prüfungen am Sonntag wird Benjamin Winter mit einer Schweigeminute und einer Gedenkzeremonie gedacht. Der deutsche Meistertitel wird in der Drei-Sterne-Wettbewerb in diesem Jahr nicht vergeben.
Benjamin Winter war auf der 6500 Meter langen Geländestrecke an Hindernis 20 gestürzt. Während der zehn Jahre alte Wallach ohne größere Blessuren wieder aufstand, blieb Winter schwer verletzt liegen. Er wurde sofort in die Unfallklinik nach Boberg bei Hamburg gebracht, doch konnte ihm nicht mehr geholfen werden. „Wir alle sind unter Schock und in tiefer Trauer“, sagte DOKR-Geschäftsführer Dennis Peiler. „Ben war ein großartiger Mensch und toller Sportler. Er hatte noch eine große sportliche Zukunft vor sich.“
Was in ihm steckte, hatte Winter auf seinem erfahrenen 16 Jahre alten Wild Thing gezeigt. Auf dem Wallach absolvierte Winter den Geländeritt in der Lüneburger Heide noch ohne Fehler.
„Er ist sehr unglücklich gestürzt“, sagte die leitende Notärztin Annette Lorey-Tews zum Unfallhergang. Sie ging von einem Schädel-Hirn-Trauma aus, das er sich zugezogen hatte. Auch eine Halswirbel-Verletzung sei nicht auszuschließen. Winter soll nicht mit seinem Pferd in Berührung gekommen, als er stürzte. Laut Mitveranstalter Michael Stethmann soll nun genau analysiert werden, wie es zu dem Unglück kam.
Trotz des Zwischenfalls und auch nach der Nachricht vom Tod Winters setzten die Veranstalter das Turnier fort. Unter anderem stand der Geländeritt der Drei-Sterne-Prüfung auf dem Programm.
Die Geländeprüfung in der Lüneburger Heide war schon vor dem Unfall von Winter von etlichen Zwischenfällen überschattet. Die Britin Georgie Spence zog sich beim Sturz mit ihrem Pferd Limbo einen Schlüsselbeinbruch zu. Das Pferd Liberal des Briten Tom Crisp starb nach einem Aorta-Abriss. Der 15 Jahre alte Wallach war auf der Strecke plötzlich zusammengebrochen. Zuvor hatten Crisp und Liberal einen Sprung noch ohne Probleme bewältigt.
„Die Strecke war leichter als im vergangenen Jahr“, betonte der Brite Mark Phillips, der seit Jahren die Strecken in Luhmühlen baut. „Doch jeder Sturz ist ein Sturz zuviel.“ Das Hindernis, an dem Winter scheiterte, war im letzten Drittel der Strecke und galt als relativ leicht. Es gehört seit etwa sechs Jahren zum Parcours.
Dass Doppel-Olympiasieger Michael Jung nach einem fehlerfreien Ritt mit seinem Nachwuchspferd Rocana die Spitze übernahm, rückte ganz in den Hintergrund. Auch die Führung von Ingrid Klimke aus Münster/Westfalen auf Escada in der Championatswertung interessierte angesichts der Meldung von Winters Tod nicht mehr. Die nach der Dressur mit Opgun Louvo führende Sandra Auffarth sowie Julia Krajewski und Dirk Schrade verzichteten auf einen Start, nachdem die Nachricht über ihren Freund bekannt geworden war.
Winter galt als großes Talent und war Mitglied in der Perspektivgruppe des Deutschen Olympiade-Komitees für Reiterei (DOKR). Nach seinem Abitur hatte er sich ganz auf das Reiten konzentriert, trainierte am DOKR-Sitz in Warendorf und schloss die Ausbildung zum Pferdewirt ab.
Erste Erfolge feierte er im Nachwuchsbereich mit Wild Thing. Winter wurde Mannschafts-Europameister 2006 bei den Junioren und holte zweimal Team-Silber bei der EM der Jungen Reiter 2008 und 2009. Bei der ersten EM im Erwachsenenbereich 2011 in Luhmühlen war er im Einzel 13. geworden, zwei Jahre später war er beim kontinentalen Championat in Malmö mit Ispo auf dem 18. Platz gelandet.