Alle Deutschen raus: Görges verpasst Viertelfinale
Melbourne (dpa) - Bundestrainerin Barbara Rittner wollte das Turnier „ganz schnell vergessen“, das Davis-Cup-Team zerfleischt sich mal wieder selbst - und über das Achtelfinale kam keiner hinaus.
Die meisten deutschen Tennisprofis hatten beim sogenannten heiteren Grand Slam im sonnigen Australien wenig Grund zur Freude. Als Letzte von anfangs 17 Damen und Herren verabschiedeten sich am Wochenende Julia Görges und Benjamin Becker.
Wie schon bei den US Open 2014 sind zum zweiten Mal nacheinander bei einem der vier wichtigsten Turniere keine deutsche Namen mehr im Viertelfinal-Tableau vertreten. Trauriger Trend oder vergängliche Momentaufnahme? „Ich glaube fest daran, dass der Tag kommen wird, an dem ich bei einem Grand Slam im Viertelfinale stehe“, sagte Görges nach ihrer 3:6, 2:6-Niederlage in nur 69 Minuten gegen die an Nummer zehn gesetzte russische Linkshänderin Jekaterina Makarowa.
Fed-Cup-Chefin Rittner nahm die wiedererstarkte 26 Jahre alte Bad Oldesloerin bei ihrer Abschlussanalyse nach dem Match ebenso aus wie das vielversprechende Hamburger Talent Carina Witthöft. Ansonsten aber wiederholte die Wahl-Kölnerin, was sie in ähnlichen Worten bereits nach dem kollektiven Erstrunden-K.o. ihrer Führungskräfte Angelique Kerber, Andrea Petkovic und Sabine Lisicki gesagt hatte: „Ich hoffe, dass das für alle Beteiligten ein Weckruf war. Wir sollten das Turnier hier, abgesehen von Jule und Carina, ganz schnell vergessen.“
Am Sonntagabend ging es für Rittner zurück nach Deutschland, wo sie zwei Tage nach ihrer Landung am Mittwoch in Stuttgart das Aufgebot für die schwere Erstrunden-Partie gegen Australien bekanntgeben wird. „Ich werde jetzt drüber nachdenken, wen ich nominiere. Aber ich bin eigentlich ganz positiv gestimmt, und vielleicht ist es auch ganz gut, dass die Erwartungen jetzt wieder etwas runtergeschraubt worden sind“, sagte Rittner und betonte: „Viele haben schon vom nächsten Finale gesprochen, aber davon sind wir noch weit entfernt.“
Überraschungen sind dennoch nicht zu erwarten. Rittner dürfte dem Team vertrauen, das Anfang November im Fed-Cup-Finale in Tschechien chancenlos war. Julia Görges wird wohl ebenso dabei sein wie Kerber, Petkovic und Lisicki, hat sich jedoch mit ihren Auftritten Down Under nachdrücklich für einen Einsatz im Einzel neben Kerber empfohlen.
„Schön wär's. Ich hab nix dagegen und spiele immer gerne für mein Land. Es war jedenfalls eines meiner Ziele, mich im Fed Cup wieder für das Einzel zu empfehlen“, sagte Turnier-Überraschung Görges, die nach Monaten des Rückschritts und Stillstandes wieder auf dem Weg zu der Stärke und dem Selbstbewusstsein vergangener Tage scheint.
Dass bei den Herren im 33-jährigen Becker ausgerechnet der älteste der acht deutschen Protagonisten im Hauptfeld am weitesten kam und als Hoffnungsträger herhalten musste, macht nicht gerade Mut für die anstehende Erstrunden-Aufgabe im Davis Cup gegen Frankreich vom 6. bis 8. März in Frankfurt/Main. Von den internen Querelen und dem geplatzten Krisengespräch zwischen Bundestrainer Carsten Arriens und dem aktuell besten deutschen Profi Philipp Kohlschreiber ganz zu schweigen.
Sportlich jedenfalls hat bis auf Becker niemand Eigenwerbung betrieben. Bei den Herren ist die Aussicht auf die Top Ten oder einen Grand-Slam-Erfolg praktisch nicht vorhanden. Als größtes Talent seit Jahren gilt Alexander Zverev, der in Melbourne in der Qualifikation scheiterte. Der 17-Jährige braucht noch Zeit - zum Retter des deutschen Herren-Tennis taugt er im Moment noch nicht.