Asarenkas schwerer Gang: Finale gegen Liebling Li Na
Melbourne (dpa) - Li Na ist der absolute Publikumsliebling in Melbourne. Die Australier lieben die Chinesin für ihre flotten Sprüche und starken Leistungen. Sportlich anerkannt ist auch Victoria Asarenka, doch die Herzen der Zuschauer fliegen ihr nicht zu.
Die Sympathien dürften am diesjährigen Australia Day so klar verteilt sein wie schon lange nicht mehr. Wenn Asarenka und Li Na am Samstag in Melbourne den Damen-Titel bei den Australian Open ausspielen, kann sich die Chinesin der Unterstützung von 16 000 Tennis-Fans in der Rod Laver Arena sich sein. Das liegt zum einen daran, dass Li Na in der Millionen-Metropole am Yarra-River extrem populär ist; ist zum anderen aber vor allem darin begründet, dass ihre weißrussische Gegnerin dem zuletzt mühsam aufpolierten Image im Halbfinale gegen US-Darling Sloane Stephens selbst wieder heftige Kratzer zufügte.
Auch am Freitag, als eigentlich alle über den Halbfinal-Knaller Roger Federer gegen Andy Murray sprachen, war der Auftritt Asarenkas noch Thema. Natürlich wurde auch Li Na danach gefragt, was sie von Asarenkas Zehn-Minuten-Auszeit nach zuvor fünf vergebenen Matchbällen gegen Stephens halte. Doch die 30-Jährige, sonst um keine Antwort verlegen, war clever genug, sich vor dem Endspiel nicht in die Diskussionen hereinziehen zu lassen. „Ich bin nicht sie, also kenne ich die Wahrheit nicht“, meinte Li Na kurz und knapp.
Ansonsten ist die French-Open-Siegerin von 2011 in den Interviews während ihres Lieblingsturniers aber wieder in Höchstform. Jüngst erwiderte sie die Liebesbekundung eines Zuschauers mit einem fröhlichen „Ich liebe dich auch“. Zudem gab sie einige lustige Einblicke in ihre Rituale. „Ich schleppe mein Team immer in chinesische Restaurants, ganz egal, ob sie wollen oder nicht“, erzählte sie. „Die ersten beiden Male waren sie begeistert, danach...“, scherzte Li Na, die nach der mit 23,91 Millionen Euro dotierten Veranstaltung Angelique Kerber von Platz fünf der Weltrangliste verdrängen wird.
Die Ansprachen der Chinesin sind seit ihrem Finaleinzug in Melbourne vor zwei Jahren legendär. Damals bekam ihr Ehemann Jiang Shan stets sein Fett weg, doch seitdem sich Li Na vor einem halben Jahr den Argentinier Carlos Rodriguez als neuen Coach genommen hat, ist es auch um ihre Ehe wieder besser bestellt.
Sportlich wichtiger ist allerdings, dass es dem ehemaligen Coach der früheren belgischen Weltranglisten-Ersten Justine Henin gelungen zu sein scheint, Li Na noch einmal auf ein höheres Level zu heben. Der erneute Finaleinzug sei das Ergebnis harter Arbeit. „Nach drei Tagen habe ich ihn gefragt: Weißt du eigentlich wie alt ich bin?“, berichtete die 30-Jährige über die Zeit während der Vorbereitung, in der sie anfangs auch ihren Ehemann anrief. „Carlos ist verrückt“, berichtete Li Na dem Gatten.
Die neue Stärke soll am Samstag auch Asarenka zu spüren bekommen. Die Titelverteidigerin zeigt sich in Melbourne allerdings ebenfalls in bester Verfassung, doch darüber redet niemand. Am Tag vor dem Endspiel war die Nummer eins der Welt weiter bemüht, die Wogen nach ihrem umstrittenen Auftritt gegen Stephens zu glätten. „Ich würde nie etwas machen, was meinem Gegner schadet. Vor allem nicht gegen Sloane. Ich kenne sie, seit sie ein kleines Mädchen ist“, meinte die 23-Jährige im US-Fernsehsender „ESPN“. Doch für das Endspiel kommt die Charmeoffensive zu spät. Die Sympathien in Melbourne gehören Li Na.