„Da geht es Bum-Bum“: Siegemund freut sich auf Williams
New York (dpa) - Als Laura Siegemund völlig entkräftet vom kleinen Außenplatz 5 schlich, lief sie direkt Bundestrainerin Barbara Rittner in die Arme.
Die Fed-Cup-Chefin umarmte die zweitbeste deutsche Tennisspielerin hinter Angelique Kerber lange im Stadiontunnel, gab ihr einen Klaps auf den Po und sagte: „Morgen aber ausruhen und nicht trainieren.“ Die schwer erkältete Siegemund bedankte sich artig fürs Anfeuern bei ihrem 6:3, 7:5-Erfolg gegen die US-Amerikanerin Nicole Gibbs und versprach, die Tipps der erfahrenen Rittner zu befolgen.
Schließlich wartet schon am Samstag eine der größten Herausforderungen ihrer bisherigen Karriere auf die lange im Schatten von Kerber, Petkovic, Lisicki & Co. stehende Schwäbin. Siegemund darf in der dritten Runde gegen die ehemalige Nummer eins, zweimalige US-Open-Siegerin und siebenmalige Grand-Slam-Turniergewinnerin Venus Williams antreten.
„Da wird es ein bisschen einfacher. Da geht es Bum-Bum. Da muss man nicht so viel laufen“, sagte Siegemund und kündigte vor dem Match gegen den Publikumsliebling und die amerikanischen Fans in ihrem wunderbaren schwäbischen Singsang an: „Des lässt mich weitgehend kalt. Ich mach mei Sach.“ Die 28-Jährige plagt sich seit den Olympischen Spielen, als sie im Viertelfinale an der späteren Goldmedaillengewinnerin Monica Puig gescheitert war, mit einer „verschleppten Grippe“ herum und gab tags zuvor ihr Doppel mit Mona Barthel auch geschwächt auf.
An einen Rückzug im Einzel aber dachte die Spätstarterin nicht. „Ganz ehrlich: Ich hab Bock hier zu spielen“, sagte Siegemund. 2000 gewann sie in Florida mit zwölf Jahren den prestigeträchtigen Orange Bowl der Juniorinnen und wurde als neue Steffi Graf gefeiert. Doch 2012 war ihre Karriere eigentlich schon vorbei. Weil sie immer wieder daran scheiterte, sich für das Hauptfeld eines WTA-Turniers zu qualifizieren, studierte Siegemund Psychologie an der Fernuniversität Hagen und bestand die A-Trainer-Lizenz als Jahrgangsbeste.
Erst als sie sich entschlossen hatte, alles aufzugeben und zugleich noch von einem Bänderriss gestoppt wurde, kehrten bei ihr die Liebe zum Tennis, Gelassenheit und Zufriedenheit zurück. Es folgten erste Titel auf der ITF-Tour und 2015 in Wimbledon endlich die erste Qualifikation für das Hauptfeld eines Grand-Slam-Turniers.
In diesem Jahr feierte Siegemund im schwedischen Båstad ihren ersten Turniersieg und reifte heimlich zur deutschen Nummer zwei hinter Kerber und vor Andrea Petkovic, Sabine Lisicki, Annika Beck und Julia Görges. Nun wird die Weltranglisten-27. wieder auf der großen Grand-Slam-Bühne für ihren Ehrgeiz und ihre Unbekümmertheit belohnt.
Bei den Australian Open hüpfte sie nach ihrem Sieg gegen die frühere Weltranglisten-Erste Jelena Jankovic wie ein Flummi über den Platz. Dafür fehlte ihr jetzt die Kraft. „Ich werde mich nun ausruhen, viel schlafen, viel trinken und alles einwerfen, was geht und erlaubt ist“, kündigte Siegemund an. Im direkten Vergleich mit Venus Williams, mit 36 Jahren die Älteste bei den US Open, steht es 0:0.