Energie gegen Routine: Cibulkova fordert Li Na
Melbourne (dpa) - Eigentlich war für Li Na schon alles vorbei. In der dritten Runde gegen die Tschechin Lucie Safarova spielte die Chinesin so schlecht wie seit Jahren nicht mehr in Melbourne und hatte im Tiebreak des zweiten Satzes sogar einen Matchball gegen sich.
Doch mit viel Glück fand die 31-Jährige einen Weg, sich aus dieser engen Situation zu befreien. Safarova schlug den Ball um wenige Zentimeter ins Aus - seitdem ist Li Na bei den Australian Open nicht mehr aufzuhalten.
„In diesem Moment hat das Turnier für mich noch einmal von vorne angefangen“, meinte Li Na, die beim ersten Grand-Slam-Turnier der Tennis-Saison im Endspiel auf die Slowakin Dominika Cibulkova trifft. Für die Asiatin ist es bereits das dritte Endspiel in Melbourne, das erste der vier Major-Turniere ist ihr absolutes Lieblingsevent. Auch wenn sie ihren bislang einzigen Grand-Slam-Titel 2011 in Paris bei den French Open holte.
„Ich will diesen Sieg so sehr“, sagte die in Australien sehr populäre Li Na. Doch auch wenn sie anders als 2011 gegen die Belgierin Kim Clijsters und im vergangenen Jahr gegen Victoria Asarenka aus Weißrussland dieses Mal als große Favoritin gilt, einfacher wird das Endspiel gegen Cibulkova nicht.
Denn die Slowakin, die noch vor wenigen Tagen niemand auf der Rechnung hatte, erlebt die Tage am Yarra River wie im Rausch. Was die 24-Jährige im Moment macht, es gelingt ihr einfach. Mit ihrer unbändigen Energie hat sie ihre Gegnerinnen in den vergangenen Runden nahezu erdrückt. Die Polin Agnieszka Radwanska wusste im Halbfinale gar nicht, wie ihr geschah, da war die Partie in der Rod Laver Arena bereits vorbei.
Dementsprechend groß ist das Selbstvertrauen, mit dem Cibulkova in das erste Endspiel einer slowakischen Tennisspielerin bei einem Grand-Slam-Turnier überhaupt geht. „Ich bin fest davon überzeugt, dass ich gewinnen kann“, sagte sie. Aus ihrer Box heraus pusht sie ihr Verlobter Miso Navara immer weiter nach vorne. Dabei bedarf es bei Cibulkova eigentlich keiner weiteren Energieschübe. „Ich habe das einfach in mir drin, seit ich klein bin“, beschrieb die nur 1,51 Meter große Blondine ihr energievolles Auftreten.
Wer vor dem Turnier auf eine Endspiel zwischen Li Na und Cibulkova gesetzt hätte, wäre jetzt ein reicher Mann. Alle hatten mit Serena Williams und Asarenka oder Maria Scharapowa gerechnet. Doch nun kämpfen die erfahrene Asiatin und die kleine Slowakin um den Daphne Akhurst Memorial Cup. Langweilig muss es deshalb nicht werden.
Im Gegenteil, es wird ein Endspiel der Gegensätze. Hier Li Na aus dem Riesenreich China, da Cibulkova aus der nur rund fünf Millionen Einwohner großen Slowakei. Hier die millionenschwere Asiatin, neben Scharapowa die Spielerin mit den meisten Werbeverträgen. Da die bislang nur in der Heimat bekannte Osteuropäerin.
Auch was die Körpergröße betrifft, liegen zwischen beiden Spielerinnen rund 20 Zentimeter. Das dies aber keine entscheidende Rolle spielen muss, bewies Cibulkovas Freundin Marion Bartoli im vergangenen Jahr in Wimbledon, wo die Französin den Traum von Sabine Lisicki zerstörte. „Sie hat mir gezeigt, dass es möglich ist“, sagte Cibulkova.