Haas und Kohlschreiber raus - Lichtblick Schüttler
London (dpa) - Als Tommy Haas nach einem Spiel der verpassten Chancen geknickt von Nebenplatz 19 schlich, hatte Philipp Kohlschreiber in Wimbledon schon längst frustriert seine Schläger eingepackt.
An einem tristen Auftakttag für die deutschen Herren, an dem Oldie Rainer Schüttler für den Lichtblick sorgte, kam gleich für zwei Hoffnungsträger das bittere Aus. „Das wird ein paar Tage dauern, bis man so eine Niederlage verdaut hat“, sagte Haas. Der inzwischen auf Weltranglistenplatz 895 geführte Wahlamerikaner mühte sich beim 6:7 (5:7), 6:7 (3:7), 6:3, 3:6 gegen den Luxemburger Gilles Muller vergeblich, Kohlschreiber musste nach dem 6:4, 3:6, 3:6, 3:6 gegen den usbekischen Außenseiter Denis Istomin heimreisen. „Die Energie hat heute gefehlt“, klagte Kohlschreiber, den eine Verletzung in der Leiste hemmte: „Es tut doppelt weh, wenn man bei einem Grand Slam früh rausgeht.“
Als einziger Spieler des deutschen Auftakt-Quintetts hatte Schüttler Grund zum Jubeln. Der 35-jährige Korbacher spielte beim 7:6, (7:3), 6:4, 6:2-Sieg über den an Nummer 30 gesetzten Brasilianer Thomaz Bellucci seine ganze Routine aus. Nun trifft der einstige Halbfinalist auf den Spanier Feliciano Lopez, der den Stuttgarter Michael Berrer mit 6:4, 7:5, 6:3 bezwang. „Ich habe keinen Druck und bin in jedem Spiel Außenseiter“, lautete Schüttlers Erfolgsgeheimnis.
Andrea Petkovic muss sich bis zu ihrem ersten Aufschlag derweil noch etwas gedulden. Ihre Partie gegen die Französin Stéphanie Foretz Gacon wurde wegen Regens auf Dienstag verschoben. Zum Zeitpunkt der in London fast schon traditionellen Zwangspause lag der Lübecker Tobias Kamke gegen den Slowenen Blaz Kavcic mit 6:3, 7:6 (7:1), 1:5 in Führung. Ausgeschieden ist derweil Matthias Bachinger (Dachau), der mit 4:6, 6:7 (3:7), 3:6 gegen den Franzosen Gael Monfils verlor.
Haas hat indes auch im All England Club erkennen müssen, dass es nach 15-monatiger Zwangspause und einer Hüftoperation schwierig ist, das Rad der Zeit nochmals zurückzudrehen. In Paris, Halle und Wimbledon war für die ehemalige Nummer 2 der Tennis-Welt schon nach der ersten Runde Schluss - die Furcht der Gegner wird angesichts dieser Bilanz sicher nicht wachsen. Haas aber betonte, dass er innerlich längst noch nicht soweit sei, „Tschüs“ zu sagen: „Wenn der Körper hält, glaube ich, kann ich noch ein paar Siege feiern.“
Als Haas zwei Jahre nach seinem Halbfinal-Vorstoß um 12.04 Uhr Londoner Zeit wieder den Heiligen Rasen betrat, empfingen ihn die Zuschauer am Nebenplatz 19 mit aufmunterndem Applaus. Die langen Haare unter der nach hinten gedrehten Schirmmütze versteckt, begann der 33-Jährige bei seinem Comeback hochkonzentriert.
Auch drei Breakbälle im zweiten Service-Spiel brachten den Routinier nicht aus der Ruhe. Unterstützt von seiner Verlobten Sara Foster auf den dicht gedrängten Rängen kämpfte sich Haas bis in den Tiebreak, den er trotz guter Chancen nach 50 Minuten abgab. „Ein Punkt hier und da hat gefehlt, deshalb bin ich als Verlierer vom Platz gegangen“, bilanzierte Haas mit einem „Drecksgefühl“.
Im zweiten Durchgang ein ähnliches Bild: Haas hatte nach einem Break zum 5:4 bei eigenem Aufschlag sogar zwei Satzbälle. Nach leichten Fehlern ging es dann aber wieder in den Tiebreak, wo Haas im Nervenkrimi erneut den Kürzeren zog. Zwar holte er sich im Eiltempo den dritten Durchgang, doch am Ende gingen Haas ein wenig die Kräfte aus, so dass Muller nach 2:42 Stunden jubeln konnte. „Es ist teilweise alles dagewesen. Der Körper hat sich generell ganz gut angefühlt“, so Haas' Fazit.
Rund 20 Meter Luftlinie entfernt kam auch für Kohlschreiber das frühe Aus. Nichts war vom Rückenwind zu sehen, den sich der 27-Jährige vom Turniersieg in Halle versprochen hatte. Zwar gewann der Augsburger den ersten Satz, doch danach war Kohlschreiber völlig von der Rolle. „Das werde ich schnell abhaken“, sagte Kohlschreiber, dessen Einsatz Anfang Juli im Davis Cup gegen Frankreich wegen der Muskelverletzung nicht sicher ist: „Das muss einfach heilen.“ Weiter ist hingegen der spanische Titelverteidiger Rafael Nadal, der den Amerikaner Michael Russell klar mit 6:4, 6:2, 6:2 bezwang.