Kohlschreiber nach Finalsieg wie neugeboren
Düsseldorf (dpa) - Neben dem 2,11-Meter-Hünen Ivo Karlovic wirkte er bei der Siegerehrung wie ein Winzling, doch im Finale des Tennisturniers von Düsseldorf trumpfte Philipp Kohlschreiber zuvor ganz groß auf.
Zudem präsentierte sich der oft als schwierig beschriebene Augsburger in der Woche am Rhein locker, selbstbewusst und sympathisch.
„Es ist einfach geil“, schwärmte der Sieger nach seinem ersten Erfolg auf der ATP-Tour seit München 2012. „Für mich war es eine unglaublich tolle Woche. Es ist eines der schönsten Gefühle, am Ende auch den Pokal in den Händen zu halten“, ergänzte der 30-Jährige nach seinem 6:2, 7:6 (7:4)-Finalsieg gegen den kroatischen Aufschlag-Giganten Karlovic rundum zufrieden und glücklich.
Noch am Samstag setzte sich der Bayer, der neben 77 315 Euro Preisgeld für seinen fünften Tour-Erfolg auch eine Riesenportion Selbstbewusstsein einheimste, ins Auto und fuhr nach Paris. Dort trifft er in der ersten Runde der French Open auf den Spanier Pere Riba. „Das ist keine leichte Aufgabe. Ich wusste bisher gar nicht, gegen wen ich spiele“, verriet Kohlschreiber. Er habe sich voll und ganz auf das Endspiel konzentrieren wollen.
Es sagt viel über die momentane Verfassung des zuweilen mürrisch und unnahbar wirkenden Tennisprofis, dass er bei der Siegerehrung jeden Scherz mitmachte. Als Karlovic ihm lässig grinsend den Arm auf den Kopf legte, stieg Kohlschreiber kurzentschlossen schon vor der Pokalübergabe auf das Siegerpodest. Sichtlich genoss er die Zuwendungen der 3500 Zuschauer, die ihn auch durch schwierigere Spielphasen trugen. „In Deutschland zu spielen, ist immer was Besonderes. Die Fans haben mich toll unterstützt. Ich bin zufrieden und stolz, dass ich wieder einen Schritt nach vorn gemacht habe und mit Freude und Selbstvertrauen in Paris antreten kann.“
Rings um den Rauswurf aus dem Davis-Cup-Team hatte es vor Wochen noch dicke Negativschlagzeilen gegeben. Für Kohlschreiber ist das Thema Davis Cup abgehakt, Teamchef Carsten Arriens lobte: „Philipp ist auf sportlicher Ebene ein Weltklassespieler, das habe ich immer gesagt. Die Kritikpunkte lagen auf einer anderen Ebene.“ Bei Bundesligist TK Kurhaus Aachen pflegen beide einen professionellen Umgang.
Zu Kohlschreibers frischem Wohlbefinden trug nicht nur seine Freundin vor Ort bei, sondern auch, dass er nach langer Leidenszeit seit gut vier Wochen keine Probleme mehr mit den lädierten Schlagarm hat. „Wenn man monatelang ständig mit Schmerzen trainiert und spielt, ist es ein unglaubliches schönes Gefühl, keine Tabletten mehr nehmen zu müssen. Das kannte ich schon gar nicht mehr.“
Wenig überrascht vom sympathischen und professionellen Auftritt des bei den Düsseldorf Open an Nummer eins gesetzten Profis zeigte sich Dietloff von Arnim. „Philipp ist zum zehnten Mal in Düsseldorf. Er hat sich hier immer vorbildlich präsentiert“, lobte der Turnierchef, der sich dagegen um den Fortbestand der Veranstaltung sorgt. Nach dem Aus für den World Team Cup, der seit 1978 im Rochusclub beheimatet war, musste die zweite Auflage des 250er ATP-Turniers ohne Titelsponsor durchgezogen werden. Das sei 2015 nicht mehr möglich, stellte von Arnim klar. Mit zwei „heißen Kandidaten“ würden die Gespräche fortgeführt. Von Arnim: „Der Tisch ist gedeckt, aber irgendjemand muss noch den Kuchen mitbringen.“