Mats Wilander - der Vagabund aus Südschweden
Boston (dpa) - Der elf Jahre alte Camper ist aus den USA, die fett aufgedruckte Telefonvorwahl aus Puerto Rico, der Besitzer ein Schwede. Klingt ein bisschen nach Chaos - stattdessen aber ist das boomendes Business.
Willkommen bei „Wilander on Wheels“ (WOW), Mats Wilanders rollender Tennisschule.
Die ehemalige Nummer eins der Welt hat zusammen mit seinem Assistenten Cameron Lickle seine Leidenschaft zum Beruf gemacht, gibt Tennisstunden - und zwar an den unterschiedlichsten Orten der Vereinigten Staaten.
„Ich liebe es, zu campen und Tennis zu unterrichten. Anstatt viel Zeit im Flieger zu verbringen, um zu Tennis-Camps zu fliegen, bringen wir Tennis zu unseren Kunden. Das erspart ihnen Zeit und macht uns viel Spaß“, sagt der 46-jährige Wilander.
Mindestens zwölf Wochen im Jahr sind der siebenmalige Grand-Slam-Champion und sein 30 Jahre alter Geschäftspartner unterwegs. Quer über den nordamerikanischen Kontinent, von Küste zu Küste. Heute hier, morgen da. Die Idee des Vagabundenlebens kam dem Mann aus dem südschwedischen Växjö bei einem Tenniscamp in Vermont. Teilnehmer aus Las Vegas hatten sich beklagt, dass Anreise und Trainingsstunden zusammen ziemlich teuer seien. „Warum komme ich nicht zu euch?“, lautete Wilanders spontane Reaktion.
Seitdem tourt er in seinem Winnebago durchs Land. Der fast zehn Meter lange Camper ist nicht zu übersehen, das große WOW-Logo in blauen Lettern an beiden Seiten gleich neben einem riesigen Wilander-Bild weithin sichtbar. Der Schwede sitzt am Steuer, Lickle koordiniert die Termine. Beide haben sich in Idaho kennengelernt. Wilander zog im Jahr 2000 von Connecticut mit seiner Familie gen Westen, kaufte im Sun Valley ein 81 Hektar großes Grundstück. Die kühle und trockene Luft dort ist gut für seinen Sohn Erik, der an Epidermolysis bullosa leidet, einer genetisch bedingten Hautkrankheit.
Die Kunden sind Hobbysportler - von Anfang 30 bis ins hohe Rentenalter. Bis zu acht Personen können gleichzeitig trainieren, jeder zahlt 200 Dollar. Einzelunterricht ist auch möglich, gemeinsames Mittag- oder Abendessen nach der Einheit für jeden Teilnehmer inklusive. Und wenn es mal zu spät wird, kommt es durchaus vor, dass Wilander und Lickle die Nacht in der Auffahrt ihrer Kunden verbringen.
Wenn Wilander unterrichtet, ist er weithin zu hören. „Bewegung, Bewegung, Bewegung“, hallt es über den Platz. „Laufe mehr und mache dir weniger Gedanken um die Technik“, lautet seine Tennis-Philosophie. Sein großes Ziel ist es, in allen 50 Bundesstaaten zu unterrichten.
Ob er dazu weiterhin den Winnebago nutzen kann, ist aber fraglich. Das Dach ist undicht, die Seitentür von innen nur mit einem Schraubendreher zu öffnen. „Wir fahren ihn bis zum Ende“, betont Wilander.
Sein rollendes Business hat sogar die Aufmerksamkeit der Polizei erlangt. Im Februar stoppten ihn in Florida zwei Streifenwagen, die Beamten forderten Wilander auf, „mit erhobenen Händen“ auszusteigen. Als ein Sheriff mit strengem Ton meinte, man habe einen Hinweis, dass das Fahrzeug in Idaho als gestohlen gemeldet worden sei, und Wilander das Missverständnis gerade aufklären wollte, da sprangen drei Tennisbälle aus der Fahrerkabine. „Hi Mats“, meinte anschließend der Polizist und lachte. Er hatte Tage zuvor bei ihm Tennisunterricht genommen - und sich einen Spaß erlaubt.