Olympia-Aus: Haas ist „tierisch enttäuscht“
Der 34 Jahre alte Tennis-Profi übt heftige Kritik an der deutschen Nominierung und erhält Unterstützung von Michael Stich.
Düsseldorf. Dies ist die Geschichte eines olympischen Protestes. Auch zwei Wochen nach der Nichtberücksichtigung für die Olympischen Spiele in London hat sich Tennisprofi Tommy Haas immer noch nicht beruhigt. „Tierisch enttäuscht“ ist Haas vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB).
Dass Hochspringerin Ariane Friedrich und Speerwerfer Matthias de Zordo nominiert wurden, obwohl sie die Norm verpasst haben, findet Haas „nur noch peinlich. Wenn ich nicht schon erfolgreich an Olympischen Spielen teilgenommen hätte, hätte ich wahrscheinlich einen Rechtsanwalt eingeschaltet“.
Bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney gewann Haas olympisches Silber, im Finale unterlag er gegen Jewgeni Kafelnikow in fünf Sätzen. Haas hat dieses Finale immer wieder als eines seiner größten sportlichen Erlebnisse bezeichnet. Und in London findet das olympische Turnier auf dem heiligen Rasen von Wimbledon statt.
Aber wenn es an der Church Road in London um Gold geht, wird Haas, der am Stuttgarter Weissenhof am Dienstag das Achtelfinale erreichte, nicht dabei sein. „Keine Chance“, sagt DOSB-Pressesprecher Christian Klaue.
Michael Stich gewann 1992 mit Boris Becker in Barcelona olympisches Gold im Doppel. Und auch er hat heftige Kritik am DOSB geübt. „Ich kann die Nominierungskriterien überhaupt nicht nachvollziehen“, sagt Stich. „Wenn es immer nur darum geht, dass Athleten eine reelle Medaillenchance haben, dann dürften wir die Hälfte unserer Sportler da nicht hinschicken.“ DOSB-Sprecher Michael Schirp: „Es geht um die berechtigte Endkampfchance. Die Kriterien des Tennis-Bundes sind klar. Und nach denen ist Tommy Haas nicht qualifiziert.“
Im Einzel vertritt nur Philipp Kohlschreiber die deutschen Herren beim olympischen Tennisturnier, Florian Mayer verzichtete freiwillig. Haas hatte zuletzt das Rasenturnier in Halle gewonnen und auf eine Wildcard gehofft. Die Nominierungskriterien orientieren sich an der Weltrangliste als erster Priorität, die zweite Priorität ist das Erreichen eines Viertelfinales bei einem Grand Slam-Turnier und die dritte das Erreichen des Halbfinales eines nachrangigen Turniers.
Stich bleibt trotzdem bei seiner Kritik. „Tommy als Anerkennung für seine Leistungen für das deutsche Tennis über die letzten 14 Jahre eine Wildcard zuzubilligen, halte ich für eine Selbstverständlichkeit“, sagte der Wimbledonsieger von 1991. Aber Verdienste sind nun einmal kein Nominierungskriterium.
Haas gilt immer noch als deutscher Vorzeigeprofi, obwohl er bereits 34 Jahre alt ist und andere in der Weltrangliste an ihm vorbeigezogen sind. Viele erinnern sich noch an die Zeiten, als Haas die Nummer zwei der Weltrangliste war. Zwischenzeitig war er nach seinen Verletzungen nicht mehr unter den ersten 200, kämpfte sich aber engagiert wieder nach vorne.
Olympia-Gold in Wimbledon ist selbst für die erste Reihe die höchste Motivation. „Dass Olympia nach Wimbledon kommt, ist ein Traum, der wahr wird“, sagt Roger Federer, der durch seinen Finalsieg über Andy Murray auf die Weltranglistenposition eins zurückgekehrt ist und in London die Fahne der Schweiz ins Stadion tragen soll. French-Open-Siegerin Maria Scharapowa trägt die russische Fahne, Novak Djokovic die serbische und Rafael Nadal wird Spaniens Mannschaft ins Olympiastadion führen.