Tennis-Damen wollen „Historisches erreichen“

Prag (dpa) - Mit einem Gänsehaut-Video von Steffi Graf haben sich die deutschen Tennis-Damen auf die „Hölle“ von Prag eingeschworen. 22 Jahre nach dem letzten Triumph einer schwarz-rot-goldenen Auswahl wollen sich Grafs Nachfolgerinnen in den Geschichtsbüchern ihrer Sportart verewigen.

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„Wir haben die Chance, etwas Historisches zu erreichen“, sagte Bundestrainerin Barbara Rittner vor dem Fed-Cup-Endspiel an diesem Wochenende bei den starken Tschechinnen. Im schicken Mannschaftshotel direkt an der Moldau versammelte die Teamchefin in dieser Woche ihr Quintett aus Angelique Kerber, Andrea Petkovic, Sabine Lisicki, Julia Görges und Anna-Lena Grönefeld zum gemeinsamen Filmabend. Im Besprechungsraum „Vlasta“ im Erdgeschoss ihrer Unterkunft zeigte Rittner ein Best-of-Video mit Szenen der Siege in der Slowakei und beim Halbfinale in Australien.

Als sich am Ende des Films Steffi Graf, Boris Becker und Michael Stich in persönlichen Botschaften zu Wort meldeten, bekamen einige Spielerinnen sogar Gänsehaut. „Es ist eine Ehre, so eine großartige Botschaft zu erhalten“, sagte Rittner bei der Auslosung am Freitag im historischen Neustädter Rathaus am Prager Karlsplatz. Über den genauen Inhalt des Videos wollte sie aber nichts verraten. Nur so viel: „Die Mädels haben es gemocht.“

Die Bedeutung dieses Augenblicks ist Kerber & Co. bewusst. In der 10 800 Zuschauer fassenden O2-Arena gelten sie auf dem superschnellen Hartplatz als Außenseiter - und genau darin könnte die Chance auf den dritten deutschen Coup nach 1987 und 1992 liegen. „Wir haben großen Respekt vor jeder einzelnen Spielerin. Aber am Ende glaube ich schon, dass der Druck ein bisschen mehr bei denen liegt“, sagte Kerber.

Die deutsche Nummer eins bestreitet am Samstag das zweite Einzel gegen Lucie Safarova, für eine Überraschung zum Auftakt soll Petkovic im Duell mit der tschechischen Topspielerin Kvitova sorgen (13.00 Uhr). „Wir sind heilfroh, dass es so ausgelost wurde“, sagte Petkovic und verwies auf die Spiele der Vergangenheit: „Es war bislang ein gutes Omen. Wir sind beide sehr erleichtert.“

Am Sonntag stehen sich zunächst Kerber und Kvitova gegenüber. Für das vierte Einzel sind Petkovic und Safarova vorgesehen, für das womöglich entscheidende Doppel wurden Sabine Lisicki/Julia Görges und beim Gastgeber Lucie Hradecka/Andrea Hlavackova nominiert.

Das laute und enthusiastische Publikum in der Mehrzweckhalle im Osten der Stadt erwartet nichts Anderes als den Titel ihrer Tschechinnen. „Von der Stimmung her wird das für uns die Hölle“, sagte Rittner schon vor dem ersten Ballwechsel am Samstag. „Um Gänsehaut wird keiner herumkommen.“ Die Gastgeber mit der Weltranglisten-Vierten und zweimaligen Wimbledonsiegerin Kvitova stehen zum dritten Mal seit 2011 im Endspiel und haben die Silbertrophäe 2011 und 2012 gewonnen.

„Das ist definitiv eine Erfahrung, die uns die Tschechinnen voraus haben. Sie haben diese Situation schon gemeistert“, sagte Rittner und räumte freimütig ein: „Wir müssen uns da rantasten.“

Seit Sonntag hat sich die Reisegruppe des Deutschen Tennis Bundes auf den Höhepunkt des Tennis-Jahres vorbereitet. Am Dienstag traf Petkovic nach ihrem Turniersieg in Sofia ein - und seitdem arbeitete das Team hochkonzentriert und fokussiert an der gemeinsamen Mission „Mädels, holt uns den nächsten WM-Titel“, wie es seit Wochen auf den Plakaten des übertragenden Senders Sat.1 zu lesen ist.

Mit 1000 Fans aus der Heimat rechnet der Deutsche Tennis Bund - darunter der mit Rittner und Petkovic gut befreundete Vize-Kanzler Sigmar Gabriel. „Es ist eine Riesenchance für den deutschen Tennissport, dass die Tennis-Damen nach so vielen Jahren wieder den Titel holen können“, sagte der Bundeswirtschaftsminister und SPD-Chef und betonte: „Ich will einfach dort die Daumen drücken.“

Prominente Unterstützung erfährt das Team aber auch aus der Ferne. „Mädels, natürlich drücke ich euch die Damen. Packt's es! Alles, alles Gute“, sagte Franz Beckenbauer in einer Video-Botschaft.

Mit einem Titel im Prager Herbst würde Rittner ein ähnliches Kunststück gelingen wie einst Beckenbauer. Einen WM-Titel als Spielerin und Trainerin schafften im Fed Cup bislang nur die legendären Margaret Court, Chris Evert und Billie Jean King.