Zoff um deutsches Davis-Cup-Team - Zverev spielt nicht
New York (dpa) - Dem deutschen Davis-Cup-Team drohen wieder einmal Querelen und Zoff.
Zwei Wochen vor der Relegationspartie gegen Polen in Berlin muss Tennis-Bundestrainer Michael Kohlmann nicht nur die Absage von Top-Talent Alexander Zverev verkraften und moderieren. Der bedauernswerte Mannschaftskapitän sieht sich zudem gezwungen, öffentliche Aussagen des 19 Jahre alten Hamburgers klarzustellen.
Ganz nebenbei muss der frühere Profi nach den abschlägigen Bescheiden von Dustin Brown und Mischa Zverev sowie der Unsicherheit um den verletzten Philipp Kohlschreiber bis Dienstag ein Team nominieren, das vom 16. bis 18. September im Steffi-Graf-Stadion den ersten Abstieg aus der Weltgruppe seit 2003 verhindern soll.
„Das ist jetzt so eine Partie, die auch zeigt, was manche Spieler vielleicht vom Davis Cup halten. Das ist schade zu sehen“, sagt Kohlmann. Der 42-Jährige sitzt bei den US Open auf der Terrasse vor dem Presse-Restaurant und spricht ruhig und überlegt über die wohl schwierigste Phase seiner knapp zweieinhalbjährigen Amtszeit. Kohlmann ist aber viel zu intelligent und zu sehr Profi, um öffentlich all das zu sagen, was ihn umtreibt und beschäftigt.
„Ich möchte das gar nicht in Worte fassen. Zu emotional zu werden wäre jetzt der verkehrte Weg“, sagte Kohlmann und kündigte an, „alles aufzuarbeiten“ und sich dann mit dem Präsidium des Deutschen Tennis Bundes zusammenzusetzen und zu überlegen, „wie man damit umgeht“.
Alexander Zverev antwortete in der Pressekonferenz nach seinem Auftaktsieg in New York auf die Frage, ob er gegen Polen für das deutsche Davis-Cup-Team spielen werde: „Es ist noch zu früh, um darüber zu sprechen. Mit mir hat noch keiner geredet.“ Dieser Darstellung widersprachen sowohl Verantwortliche des DTB unter der Hand als auch Kohlmann jetzt in seiner Rolle als Kapitän.
„Ich würde lügen, wenn ich jetzt sagen würde, ich hätte nicht mit ihm gesprochen. Wir haben mehrmals gesprochen“, sagte Kohlmann. Auch ein letzter Versuch, Alexander Zverev umzustimmen, blieb erfolglos. „Leider hat er mir gestern Abend abgesagt“, sagte Kohlmann. Der Wechsel von Hartplatz auf Sand und der Termin passe nicht in die Turnierplanung. Auch Zverevs zehn Jahre älterer Bruder Mischa und Brown sagten Kohlmann bereits ab. „Jeder setzt sein persönliches Ziel in den Vordergrund“, sagte der Teamchef.
Brown spiele lieber bei einem Challenger-Turnier in Stettin. „Er hat als Begründung genannt, er hätte andere Ziele, will in die Top 60. Das würde ich jetzt mal unkommentiert lassen“, sagte Kohlmann. Brown verwies am Samstag via Twitter auf seinen bei Olympia zugezogenen Bänderriss, und dass er Kohlmann signalisiert habe, auch deshalb nicht spielen zu wollen, weil er sich nicht „in der Form fühle, in Bestform ein Fünf-Satz-Match im Davis Cup bestreiten zu können“. Dass er kurz davor sei, die Top 50/60 zu knacken und auch deshalb bei dem Challenger-Turnier antrete, sei „der zweite Grund“, sagte Brown.
Unabhängig von allen Querelen und Unwägbarkeiten muss Kohlmann nun bis Dienstag ein Team nominieren. Gesetzt sind bislang Florian Mayer und Jan-Lennard Struff. In Frage kommen zudem Daniel Brands, Benjamin Becker oder der 21 Jahre alte Nachwuchsprofi Maximilian Marterer.
Mit Kohlschreiber und Zverev wäre der Klassenverbleib so gut wie sicher, mit dem B-Team droht eine Zitterpartie. Als Alexander Zverev Anfang März sein Debüt für das Nationalteam feierte, ließ er sich vorher mit den Worten zitieren: „Es war immer mein großes Ziel, im Davis Cup für Deutschland zu spielen.“ Das war vor sechs Monaten.