Halbfinale US Open Zwei Generationen US-Tennis: Williams vs. Stephens
New York (dpa) - Es ist, als wäre die Zeit stehen geblieben. 20 Jahre nach ihrem US-Open-Debüt ist Venus Williams immer noch da. 1997 stürmte sie als 17-Jährige direkt ins Endspiel. 2007 hat sie als 37-Jährige wieder die Chance dazu.
Was die gereifte Frau von ihren Anfangszeiten als Profi unterscheidet?
Die frisch gebackene Tante von Serena Williams erstem Kind fuhr sich mit den Fingerspitzen übers Kinn, legte dann den Kopf in ihre Hand und sagte mit verträumten Blick: „Ich war bei perfekter Gesundheit. Es war großartig. Ich bin glücklich, diesen Moment in meinem Leben gehabt zu haben. Und jetzt lebe ich immer noch meinen Traum.“
15 Jahre liegt ihre letzte Endspiel-Teilnahme in Flushing Meadows zurück. Die älteste Teilnehmerin des Grand-Slam-Turniers hat deutlich schwierigere Zeiten durchgemacht als dieses wunderbare Jahr. So hat sie leben müssen, mit einer Autoimmunkrankheit zu leben.
Als sie bei ihrem 6:3, 3:6, 7:6 (7:2) über Petra Kvitova den letzten Punkt gewonnen hatte, rannte die zweimalige US-Open-Siegerin lachend zum Netz - ganz so, als wolle sie sagen: Hey, ich kann noch mehr. Immerhin hatte stand sie in diesem Jahr schon bei den Australian Open und in Wimbledon im Finale.
Ihre Vorschlussrunden-Partie am Donnerstag bietet aber nicht nur die Geschichte der Powerfrau, die - noch - nicht von der Tennis-Tour abtauchen will. Sie gibt auch eine mögliche Antwort auf die Frage: Wer kommt nach den Williams-Schwestern?
Zwar will Serena Williams nach ihrer Baby-Pause zurückkehren, aber ewig wird sie auch nicht mehr bleiben. Ebenso wenig wie Venus Williams, die dank des Halbfinals in die Top Fünf der Weltrangliste zurückkehren wird. Bei den US Open bringt sich so manche in Stellung. Allen voran Venus' Halbfinal-Gegnerin Sloane Stephens.
Vier amerikanische Damen in der Runde der besten Acht - neben Williams und Stephens noch CoCo Vandeweghe und Madison Keys - hat es zuletzt vor 15 Jahren gegeben. Damals waren es sogar fünf: Serena und Venus Williams, Lindsay Davenport, Jennifer Capriati, Monica Seles. Namen, die wie aus einer anderen Zeit klingen, außer den Williams. Die 37-Jährige spricht von einer „Wiederaufstehung“ der amerikanischen Spielerinnen.
„Es ist großartig für das amerikanische Tennis. Es ist großartig für afroamerikanische Frauen“, sagte die wie Williams dunkelhäutige Stephens nach ihrem 6:3, 3:6, 7:6 (7:4) über die Lettin Anastasija Sevastova. „Venus ist unsere Anführerin. Jeder schaut zu ihr auf.“ Wie ihre Landsfrau behielt sie im entscheidenden Tiebreak die Nerven.
Stephens war schon einmal in der Position, als legitime Nachfolgerin der Williams-Schwestern gehandelt zu werden. Keck präsentierte sie sich 2013, als sie bei den Australian Open Serena Williams bezwang und schon einmal in einem Grand-Slam-Halbfinale stand. Damals habe sie sich ziemlich überwältigt gefühlt, sagte sie jetzt.
In diesen Tagen von New York tritt die Achtelfinal-Bezwingerin von Julia Görges geerdeter auf. Und sie ist die Heldin einer Comeback-Geschichte, die Amerikaner so lieben. Elf Monate lang konnte sie nicht spielen, weil sie am Fuß verletzt war und operiert wurde. Und jetzt? Halbfinale Toronto, Halbfinale Cincinnati, Halbfinale US Open. „Bähm“, sagte die 24-Jährige und lachte.
In der Weltrangliste katapultiert sie sich in Windeseile um mindestens 899 Plätze nach oben. Vor einem Monat noch als Nummer 934 gelistet, wird sie am kommenden Montag voraussichtlich unter den Top 35 geführt. Abheben will sie trotzdem nicht. „Mein Kopf ist jetzt klarer“, sagte Stephens. „Verletzt zu sein, hat mir eine neue Perspektive auf das Tennis, auf das Leben und ganz im Allgemeinen gegeben. Es hat mir die Augen geöffnet.“
Bei den Herren scheiterte dagegen Sam Querrey mit 6:7 (5:7), 7:6 (11:9), 3:6, 6:7 (7:9) als letzter US-Profi am Südafrikaner Kevin Anderson.