Tischtennis-WM: Täglich grüßen die Chinesen - Silber für Boll und Co.

Das deutsche Team verliert im WM-Endspiel 0:3 gegen China — und hofft auf Olympia.

Dortmund. Selbst der Höhner-Hit verfehlte seine titelbeschwörende Wirkung: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ fragte die Kölner Kultband singend vor dem WM-Finale. Die Antwort lieferten Chinas Tischtennis-Asse an der Platte: Jedenfalls noch nicht an diesem 1. April 2012 in der Dortmunder Westfalenhalle. 0:3 unterlag das deutsche Trio dem Rekord-Weltmeister und musste damit einmal mehr mit der Rolle des ersten Verlierers vorlieb nehmen. Schon 2004 in Doha/Katargab es im selben WM-Finale das selbe Ergebnis. Vor zwei Jahren verlor Deutschland dann 1:3 gegen China.

Der Grund für die finale Niederlage lag nicht allein darin, dass die Höhner-Hymne für die Handballer gedichtet worden war, die sich auftragsgemäß 2007 mit musikalischem Heimvorteil zum Weltmeister küren ließen. Dieser Bonus reichte nicht, weil auch diverse andere Komponenten der erhofften deutschen Erfolgsmischung im finalen Moment fehlten.

Als nach etwas mehr als zwei Stunden das 0:3 besiegelt war, musste Deutschlands Spitzenspieler Timo Boll anerkennen: „Die neue Qualität der Chinesen ist, dass sie auch mental stärker geworden sind — abgesehen von ihrer überragenden Technik und Spielstärke.“

Denn es gab sie ja, diese Momente, in denen die chinesische Mauer zu bröckeln schien. „Wir waren nahe dran, hatten in jedem Spiel unsere Chance“, befand Jörg Roßkopf. Im Gegensatz zum heutigen Bundestrainer, der 1989 an gleicher Stelle sensationell Doppel-Weltmeister mit Steffen Fetzner geworden war, packte keiner aus dem deutschen Team zu, als sich die Gelegenheit bot. „Ich habe anfangs zu viele gute Bälle verpasst“, meinte Boll nach seinem 2:3 (10:12, 6:11, 11:9, 12:10, 6:11) gegen Einzel-Weltmeister Zhang Jike, gegen den drei Sätze in Folge zu gewinnen „sehr schwer“ sei.

Ebenso viel Grund zum Hadern hatte Dimitri Owtscharow nach seinem 0:3 (3:11, 9:11, 11:13). Ein 9:4 gegen Ma Long brachte er im zweiten Satz nicht ins Ziel, auch den Satzball in Durchgang drei nach zuvor drei abgewehrten Matchbällen ließ er aus und war entsprechend „enttäuscht über meine Vorstellung, besonders über die leichten Fehler mit der Rückhand“.

Allein Patrick Baum, der am Vortag beim Halbfinal-3:1 über Japan die bis dahin einzige deutsche Einzelniederlage kassiert hatte, spielte gegen Ex-Weltmeister Wang Hao in Bestform auf. Obwohl es also wieder einmal „nur“ Silber gab, zeigte sich Bundestrainer Roßkopf „zufrieden mit dem, was wir hier geschafft haben“. Aber eben auch „nicht so zufrieden, dass wir sagen: Okay, das reicht uns.“

Bis London und den Olympischen Spielen sind es noch knapp vier Monate. Dann wird der nächste Anlauf unternommen, den Giganten China vom Thron zu stoßen. Ohne Aufputsch-Hit, sondern mit den Mitteln des Trainings. Wozu irgendwie auch das Endspiel gezählt hat. Denn: „Sich an Tempo und Schlaghärte der Chinesen zu gewöhnen, gelingt nur, wenn man oft genug gegen sie spielt“, sagte Boll.