Tischtennis-World Cup: Ovtcharov will den großen Coup schaffen
Düsseldorf. Nun soll es ausgerechnet in Düsseldorf klappen. Wo er 2007 als 18-Jähriger hinwechselte, wo er mit der Borussia bis 2009 Titel sammelte, wo er heute noch wohnt.
Für Dimitrij Ovtcharov würde sich ein Kreis schließen. Am Rhein gelang ihm der Sprung in die Tischtennis-Weltspitze, nun will er dort zum ersten Mal eins der großen drei Turniere — Olympia, WM, World Cup — gewinnen. Oder wie er dieser Tage, vor dem morgen beginnenden World Cup in Düsseldorf, sagte: „Nochmal Dritter zu werden, wäre sehr gut. Aber das habe ich schon erreicht. Ich will immer einen Schritt weiter.“
National hat er das längst geschafft. Spätestens Anfang März. Sein 4:1-Erfolg bei der Deutschen Meisterschaft über Timo Boll war der fünfte Sieg in Folge gegen den 33-Jährigen. Mittlerweile fürchten auch die chinesischen Weltklassespieler Ovtcharov am meisten. Deswegen sagt der 25-Jährige Sätze wie diesen: „Er hat viel Respekt vor mir. Momentan hat er keinen Vorteil gegen mich“. Gemeint ist Zhang Jike, Olympiasieger, Weltmeister, World-Cup-Sieger. Doch zuletzt lief es für den Deutschen blendend. Drei der jüngsten sechs Duelle entschied er für sich.
Der 3:0-Sieg im Finale der Team-WM im Mai war sein erster Sieg gegen einen Top-Chinesen. Davor hatte er zwar beim World Cup und bei Olympia jeweils Bronze sowie Gold bei der EM gewonnen. Aber es fehlte dieser Sieg. Nun hat er schon drei, aber es liegen weiterhin Welten zwischen China und Deutschland, die sich zuletzt drei Mal im WM-Finale trafen. Die Chinesen gewannen. Alle drei. In der Weltrangliste belegen sie die Plätze eins bis vier und sechs. Von den jemals vergebenen 26 Olympischen Goldmedaillen holten sie 24. Das weiß auch Ovtcharov, der vor der WM sagte: „Ich bin nicht sicher, ob die Jungs dort überhaupt wissen, was eine Schule ist.“
Tischtennis ist in China nationale Aufgabe. Der Staat investiert Millionen in Sichtung und Elitenförderung. Wissenschaftler entwickeln Trainingsmethoden. „Die Leute gucken samstags kein Fußball, sondern Tischtennis“, sagt Ovtcharov. Wie auch Boll verbringt er den Sommer in der chinesischen Liga. Und ist dort eine Art Popstar. „Die Leute erkennen einen auf der Straße“, sagt der 25-Jährige, der ständig Autogramme geben muss. Meist in seiner gewohnten Schrift, sonst malt er die Zeichen vom Trikot ab. Mittlerweile spricht er auch etwas Mandarin. „Sonst bist du verloren. Du verstehst nichts und kannst nichts lesen.“
Er selbst erlebt das Tischtennis-Paradies ein paar Wochen im Jahr. „Die Erfahrungen bringen mich weiter. Die Chinesen haben eine andere Philosophie. Sie sagen, wir Europäer verstehen das Spiel falsch.“ Was Analyse, Details und Beinarbeit angehe, sei China aber in der Tat unübertroffen. Und das ist nur das, was er mitbekomme. In die Elite-Leistungszentren ließen sie keinen rein. Ovtcharov ist trotzdem zuversichtlich für den World Cup. Erstens hätten sie den Heimvorteil. Zweitens variiere die Qualität der neuen Plastikbälle. Die Chinesen könnte an die hiesigen nicht gewöhnt sein.
Bislang ist Timo Boll der einzige Deutsche, der den World Cup gewann. 2002 und 2005. Dazwischen war er Weltranglistenerster. Auch knapp ein Jahrzehnt später ist er noch ein Weltklassespieler. Aber wenn es für ganz oben reichen soll, muss eine Menge passieren. Bei Ovtcharov sieht das anders aus. Erwischt er einen Tag wie im WM-Finale im Mai, ist ihm alles zuzutrauen.