Rees knackt Norm Olympia-Aus für Biathlon-Legende Ole Einar Björndalen
Ruhpolding (dpa) - Ole Einar Björndalen hob völlig ausgepowert die Hand, er wurde in Ruhpolding gefeiert, als ob er gerade Weltmeister geworden wäre. Dabei hatte der bald 44 Jahre alte Norweger im Kampf um das Olympia-Ticket seine allerletzte Chance nicht nutzen können.
Beim Sieg des Franzosen Martin Fourcade im Biathlon-Klassiker über die 20 Kilometer kam Björndalen am Mittwoch nur auf Platz 42 - 4:43,6 Minuten hinter Fourcade.
Um doch noch den Sprung ins Olympia-Team der Norweger zu schaffen, hätte der erfolgreichste Biathlet der Welt in seinem 575. Weltcup-Rennen in die Top Sechs kommen müssen. Mit Blick auf Olympia muss die Biathlon-Legende jetzt auf Gnade hoffen: „Ich bin nicht der Nationaltrainer, also will ich keine Kalorien damit verbrauchen zu überlegen, ob ich aus der Mannschaft sollte“, sagte Björndalen. „Jetzt ziehe ich mich um. Und dann wird die Zukunft so, wie die Zukunft wird.“
Vor dem Frauen-Einzel am Donnerstag (14.20 Uhr/ZDF und Eurosport) schafften es die deutschen Biathlon-Männer auch beim zweiten Heim-Weltcup nicht auf das Podest - aber es war knapp. Vor 10 500 Zuschauern in der ChiemgauArena war der fehlerfrei gebliebene Roman Rees als Vierter bester Skijäger aus dem Team von Bundestrainer Mark Kirchner. Gerade einmal 13 Sekunden fehlten dem jungen Breisgauer auf Platz drei, den sich der Norweger Johannes Thingnes Bö vor dem Tschechen Ondrej Moravec schnappte. „Ich bin superglücklich. Ich habe geschafft, was ich mir vorgenommen habe. Es ist ein Traum“, sagte der 24-Jährige, nachdem er die Olympia-Norm geknackt hatte.
„Er ist einer, der solide, hart arbeitet“, sagte Männer-Bundestrainer Mark Kirchner. „Er ist ein ganz aufgeschlossener Mensch, der sich für vieles interessiert. Und er bringt seinen Humor mit in die Mannschaft.“ Arnd Peiffer (2 Strafminuten) und Simon Schempp (2) schafften es als Elfter und 13. genau wie Johannes Kühn (2) als 16. in die Top 20. Benedikt Doll (3) kam auf Rang 22, Erik Lesser beendete das Rennen nach vier Strafminuten auf Platz 63.
„Björndalens lebenswichtigsten Lauf“ - so nannten die norwegischen TV-Kommentatoren das Rennen. Es könne, so hieß es, sogar sein letztes Weltcup-Rennen werden. Vielleicht wurde der Norweger deshalb vom Publikum so gefeiert. „Er ist die absolute Ausnahme. Der Größte, den es jemals gab“, sagte Kirchner. „Aber für jeden ist einmal die Zeit gekommen, wo die Jugend siegt.“
13 Schuss blieb Björndalen fehlerfrei und schien auf Kurs. Doch dann kassierte er im dritten Schießen zwei Strafminuten. Der Norweger fiel von Rang vier auf Position 34 zurück. Ein Fehler kam im letzten Schießen noch hinzu - das Olympia-Aus war besiegelt. Wenn nicht doch noch eine Hintertür geöffnet wird. „Es ist klar, dass man zu Olympia möchte. Aber es geht nicht nur darum hinzufahren, man will dort auch etwas zu tun haben. Es ist möglich, vor Olympia besser in Form zu kommen. Ich weiß, dass ich das schaffen kann. Physisch geht es aufwärts, und das Schießen war heute teils viel besser“, sagte Björndalen und betrieb Werbung in eigener Sache.
Ursprünglich hatte der Rekordweltmeister und Rekordweltcupsieger nach der Heim-WM 2016 seine Karriere beenden wollen. Doch weil es in Oslo mit den WM-Medaillen 41 bis 44 so gut gelaufen war, kam es zum Rücktritt vom Rücktritt. Doch nun scheint der achtmalige Olympiasieger nicht mehr so richtig konkurrenzfähig zu sein. Die siebte Olympia-Teilnahme seit 1994 ist nach der neuerlichen Enttäuschung wenig wahrscheinlich. Der Norweger, der 94 Weltcuprennen, 45 WM- und 13 Olympia-Medaillen in seiner außergewöhnlichen Karriere gewonnen hat, hofft nun auf eine Lex Björndalen - doch die scheint man nicht gewähren zu wollen.
Mit seiner Frau Darja Domratschewa, der dreimaligen Olympiasiegerin aus Weißrussland, hatte Björndalen die Vorbereitung komplett außerhalb des Teams bestritten. Mit der Familie reiste er in diesem Winter durch die Weltcup-Orte. Nun wird er vielleicht in Südkorea viel Zeit für sein Töchterchen Xenia haben.