Startprobleme: Bremser austauschbar, Piloten nicht
Winterberg (dpa) - Schmusekurs passt nicht zur Bob-Branche mit den schweren Jungs. Daher redet Bob-Cheftrainer Christoph Langen lieber Klartext.
Der schon zu seiner aktiven Zeit als Lautsprecher bekannte zweimalige Olympiasieger und siebenfache Weltmeister schlägt Alarm und prangert die schlechten Anschubzeiten auf den ersten 50 Metern im Eiskanal an. „Wir haben schon jetzt drei Siegfahrer, doch im Vergleich zur Weltspitze haben wir am Start noch genügend Reserven, auch bei den Frauen“, sagte Langen vor dem Heim-Weltcup in Winterberg und kritisiert erstmals seine erfolgsverwöhnten Piloten um Welt- und Europameister Manuel Machata: „Wir haben keine Anschieberprobleme, wir müssen die Piloten in die Pflicht nehmen.“
Gerade auf der relativ einfachen Piste im Hochsauerland entscheidet der explosive Start. Jede Hundertstelsekunde beim Sprint und beim Einstieg in den Bob ist entscheidend, da sie sich im Kurvenlabyrinth nach unten multipliziert. „Das wird eine enge Kiste, da liegen die ersten sechs Platzierungen nur vier oder fünf Hundertstel auseinander“, erklärte Langen.
Der 49-Jährige weiß, wovon er spricht, immerhin hält er auch sieben Jahre nach seinem letzten Rennen bei der Bob-WM 2004 in Königssee, wo er im Zweier- und Viererbob Silber gewann, immer noch Startrekorde in Altenberg, Calgary und Innsbruck. Er war immer ein Perfektionist, der sich und seinem Körper alles abverlangte. Mit dieser Einstellung führte der Oberstabsfeldwebel die deutsche Bob-Armada im Vorjahr auf Anhieb zu grandiosen Erfolgen.
Doch diese zählen für ihn nicht mehr, haben höchstens etwas Bonus-Charakter. „Jede neue Medaille ist hartumkämpft und muss immer neu erarbeitet werden“, meinte Langen, der die Start-Problematik als Altlast sieht: „Früher haben wir immer viel Wert aufs Fahrerische gelegt, weil wir immer gute Anschieber hatten. Das ist auch immer noch so. Doch andere Nationen machen es uns vor und haben viele ehemalige Bremser zu Piloten umfunktioniert. Und wenn die richtig fahren lernen, haben wir ein Problem“, bekräftigte Langen mit Hinweis auf den Schweizer Beat Hefti, der mittlerweile mit dem kleinen Schlitten absolute Weltklasse ist.
Erste Schritte wurden vom Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD) bereits eingeleitet. Der bullige Richard Adjei, 2010 in Vancouver Zweierbob-Anschieber des Olympia-Zweiten Thomas Florschütz (Riesa), wird gerade an den Lenkseilen geschult. Im Frauen-Bob hat diese „Fahrschule“ bereits Patricia Polifka, 2006 Weltcup-Zweite als Anschieberin von Claudia Schramm aus Oberhof, absolviert. „Sie begann mit einem Mono-Bob und fährt mittlerweile auf der anspruchsvollen Bahn von Altenberg von ganz oben“, meinte Langen, der zusammen mit Franz Wimmer den Prototypen des Mono-Bobs optimiert hat. „Die Entwicklungskosten von rund 70 000 Euro hat der Franz erstmal vorgestreckt. Wir hoffen, dass gerade die Starter der Youth Olympic Games diese Möglichkeit zum Lernen nutzen“, sagte Langen, der das Lenkverhalten des 110 Kilogramm schweren Schlittens leicht verändert hat: „Da ist der Umstieg in den Zweierbob leichter.“