Eisschnelllauf-EM Bronze für Damen-Team nach Sturz und „chaotischem Rennen“

Kolomna (dpa) - Michelle Uhrig trudelte wie ein Kreisel auf dem Hintern über die Ziellinie, doch die Bronzemedaille war den deutschen Eisschnellläuferinnen bei der Europameisterschaft in Kolomna nicht mehr zu nehmen.

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„Ich weiß nicht, ob ich gestolpert bin, wie es überhaupt passiert ist - wichtig ist nur, dass wir es geschafft haben“, sprudelte es aus der Berliner EM-Debütantin heraus, als die zweite Medaille für das deutsche Team perfekt war.

„Es war ein bissel ein chaotisches Rennen. Aber wir wissen jetzt, dass wir auf dem Weg nach Olympia noch einiges zu tun haben“, ergänzte die Inzellerin Roxanne Dufter, die als erste die Situation erfasste und nach dem Blick auf die Anzeigetafel die Faust in die Luft riss. Ganze drei Hundertstel hatte das von Gabi Hirschbichler geführte Trio noch vor Polen ins Ziel gerettet. Die Niederlande und Russland waren an diesem Tag aber außer Reichweite.

Das Victory-Zeichen nach dem Zieldurchlauf war tags zuvor ein Sinnbild für Nico Ihles riesige Erleichterung. 33 Tage vor Beginn der Olympischen Winterspiele schrieb der Sachse mit dem Gewinn von EM-Bronze über 1000 Meter zum dritten Mal innerhalb eines Jahres Geschichte für den deutschen Eisschnelllauf. Zuvor hatte er 2017 auch als jeweils erster Eissprinter WM-Silber bei einer Einzelstrecken-WM sowie EM-Bronze im Sprint-Vierkampf gewonnen.

„Ein echt geiles Gefühl“, schilderte der 32 Jahre alte Chemnitzer. „Nachdem es zuvor über 500 Meter als Vierter nicht ganz geklappt hat, zeigt mir der Rennverlauf, dass ich für Olympia auf dem richtigen Weg bin.“ In 1:08,95 Minuten musste er sich nur den in der Vergangenheit wegen Dopings gesperrten Russen Pawel Kulischnikow (1:08,84) und Denis Juskow (1:08,92) knapp geschlagen geben.

Ihle, der im Gegensatz zu den drei Damen abseits der Gruppe von Chefcoach Jan van Veen mit seinem Bruder Denny auf der Freiluftbahn im Chemnitzer Küchwald trainiert, bemängelte nach dem Erfolg die aus seiner Sicht mangelnde Wertschätzung durch die Verantwortlichen. „Ich verdiene mehr Respekt. Diese Leistungen könnte der Verband mehr anerkennen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Zu lange hat sich der Verband auf den Erfolgen vergangener Jahre ausgeruht“, fügte der beste deutsche Eissprinter hinzu, der bereits 14 Podestplätze im Weltcup erkämpfte und in Pyeongchang wie auch das Damen-Terzett dann mit Claudia Pechstein zu den Medaillen-Hoffnungen zählt.

Er sei nicht unzufrieden mit seinem Umfeld, das habe er sich teils selbst so geschaffen, sagte Ihle. „Aber es gibt kaum Kommunikation mit dem Verband. Das ist offensichtlich ein generelles Problem der DESG“, kritisierte der Einzelkämpfer: „Als Athlet fühle ich mich viel zu wenig einbezogen in wichtige Prozesse.“ DESG-Sportdirektor Robert Bartko wollte sich am Sonntag auf dpa-Anfrage zunächst nicht dazu äußern und erst das Gespräch mit dem Topathleten suchen.

Als Beispiel mangelnder Kommunikation nannte Ihle, er habe dem Verband vorgeschlagen, dass einige Nachwuchsleute auch bei Coach Klaus Ebert trainieren könnten. „Dann würden sie davon profitieren, und auch ich hätte mehr Trainingsgefährten. Aber passiert ist nichts.“ Sauer ist der Sprinter noch immer, dass der Verband die Erfolgsprämien vom Ausrüster Mizuno für die WM-Medaillen einfach einbehalten habe, „ohne das vorher zu kommunizieren. Wer weiß, was uns da sonst noch alles entgangen ist?“, fragt sich Ihle.