Eine Woche vor WM: Jenny Wolf ohne Power
Salt Lake City (dpa) - Jenny Wolf starrte frustriert an die Anzeigetafel und schüttelte den Kopf. „Das war gar nichts, einfach indiskutabel“, ärgerte sich die Olympia-Zweite nach ihrem 500-Meter-Rennen am Großen Salzsee, das für sie mit einer unglaublichen Enttäuschung geendet hatte.
„Ich weiß nicht, was mit mir los ist, aber ich habe mich schon vor dem Rennen völlig schlapp gefühlt“, meinte sie verzweifelt. Ausgerechnet im Olympic Oval von Salt Lake City, wo sie vor fünf Jahren ihre Serie von vier WM-Titeln über 500 Meter gestartet und 2009 den Weltrekord fixiert hatte, folgte der Absturz. In 37,85 Sekunden musste sie mit Rang elf die schlechteste Platzierung im 500-m-Weltcup seit fast sieben Jahren hinnehmen, nimmt man zwei Stürze aus. Am 20. Februar 2005 war die schnellste Frau der Welt auf dem Eis in Heerenveen gleichfalls Elfte geworden und hatte dann zu ihrem Höhenflug angesetzt.
Für die 32-Jährige wird nun der Rucksack für die Sprint-WM in einer Woche noch größer, obwohl sie sich wegen der ungeliebten 1000 Meter ohnehin kaum mehr Medaillenchancen ausgerechnet hatte. „Der Start war gar nicht so übel, aber zwischen 20 und 40 Metern ist die Beschleunigung nicht so wie in den Vorjahren“, analysierte die Inzeller Auswahltrainerin Marion Wohlrab, die in Utah als deutsche Teamchefin fungierte. In den nächsten Tagen wolle man nun checken, ob Wolfs Ermüdungsgefühle medizinische Ursachen haben. „Wenn wir es hier nichts herausbekommen, müssen Untersuchungen in Berlin Klarheit bringen“, meinte die Bayerin.
Auch Jenny Wolfs Traumserie mit sechs Gesamtweltcup-Siegen scheint nun zu reißen. Da Olympiasiegerin Lee Sang-Hwa im direkten Duell in Saisonbestzeit von 37,36 Sekunden siegte, baute die Südkoreanerin mit 550 Punkten ihre Führung auf Wolf (444) aus. Einziger Trost für die Hauptstädterin: Der Weltrekord von 37,00 Sekunden bleibt in ihrem Besitz. Noch zu Saisonbeginn hatte sie sich zuversichtlich gezeigt, bei ihrem ersten Rennen auf dem Super-Eis von Utah seit zwei Jahren die Marke selbst unter die 37er-Schallmauer drücken zu können.
Monique Angermüller verfehlte ihr Ziel, endlich wieder mal aufs Treppchen zu sprinten, wegen eines Fehlers in der Innenkurve. 1:15,06 Minuten reichten über 1000 Meter nur zu Platz acht. Über 500 Meter drückte die Berlinerin als Dritte der B-Gruppe ihre Bestzeit auf 38,08 Sekunden und deutete an, dass bei der WM im Sprint-Vierkampf in Calgary mit ihr zu rechnen ist. „Wenn sie mal fehlerfrei durchkommt, kann sie ganz vorn landen“, prognostizierte Teamchefin Wohlrab.
Ähnliches gilt für Samuel Schwarz, der im Vorjahr mit dem Sieg in Obihiro eine lange Durststrecke deutscher Männer durchbrochen hatte. Auch der deutsche Meister kam nicht fehlerfrei durch die Kurven, lief aber auf Platz neun in 1:08,32 Minuten zur persönlichen Bestzeit. US-Olympiasieger Shani Davis feierte in 1:07,20 Minuten den ersten Saisonerfolg, blieb jedoch deutlich über seinem Weltrekord (1:06,42).
Über 1000 Meter der Damen unterstrich Weltmeisterin Christine Nesbitt mit dem vierten Sieg im vierten Rennen ihre Klasse. In 1:13,36 Minuten verpasste die Kanadierin den fast sechs Jahre alten Weltrekord ihrer Teamgefährtin Cindy Klassen nur um 0,25 Sekunden.