Eisschnelllauf-EM Ihle kritisiert Russen: Sollten „aus ihrer Situation lernen“

Kolomna (dpa) - Die deutlich zu Schau getragene Gelassenheit der russischen Konkurrenz bringt Eissprinter Nico Ihle in Rage. „Sie tun ja gerade so, als sei nichts geschehen. Als gebe es in Russland kein Doping-Problem“, sagte der Chemnitzer nach den Europameisterschaften in Kolomna.

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Nur zwei Russen hatte er dort über 1000 Meter den Vortritt lassen müssen: Pawel Kulischnikow gewann vor 5000 begeisterten Zuschauern in 1:08,84 Minuten vor Denis Juskow, der Ihle um drei Hundertstel auf Rang drei verdrängte.

„Keine Ahnung, ob die nun in Pyeongchang an den Start gehen dürfen. Die IOC-Entscheidung, Athleten unter neutraler Flagge starten zu lassen, finde ich aber okay“, sagte Ihle der Deutschen Presse-Agentur. „Aber nur wenn sie wirklich nachweisen können, dass sie nie einen positiven Befund bei Doping-Kontrollen hatten“, fügte der Sachse nachdrücklich hinzu.

Bei beiden russischen Konkurrenten ist dies nicht der Fall. Der zweimalige 500-Meter-Weltmeister Kulischnikow erhielt schon im Junioren-Alter eine Zwei-Jahres-Sperre wegen Dopings und verpasste Olympia 2014 in Sotschi. Danach war er auch wegen mutmaßlichen Meldonium-Missbrauchs zeitweilig außer Gefecht gesetzt. 1500-Meter-Weltrekordler Denis Juskow - zwischen 2013 und 2016 Weltmeister auf seiner Spezialstrecke - war 2008 vom russischen Verband sogar für vier Jahre gesperrt worden, weil er Marihuana konsumiert hatte.

Am 19. Dezember sprach ihn das Internationale Olympische Komitee (IOC) jedoch vom erneuten Dopingvorwurf frei. Sein Fall war nach den Belegen des WADA-Ermittlers Richard McLaren zum organisierten Doping in Russland und den damit im Zusammenhang stehenden Manipulationen von Dopingproben bei den Winterspielen 2014 in Sotschi überprüft worden.

Der Präsident der russischen Eislauf-Union stellte das sportliche Ergebnis der EM in den Vordergrund. „Unsere Athleten haben gute Ergebnisse geliefert“, sagte Alexej Krawzow der staatlichen Nachrichtenagentur TASS. „Ich denke, es war ein Erfolg.“

Ihle sagte: „Es ist wirklich schwierig, alle über einen Kamm zu scheren. Man hofft ja immer wieder, dass die Russen mal selbst aus ihrer Situation lernen.“ Für Pyeongchang hofft er nun, dass „es saubere Spiele werden, nicht so wie in Sotschi.“

Für sich selbst hat er die einzig mögliche Konsequenz aus den bisher bekannten Tatsachen zum System des Staatsdopings in Russland gezogen: „Ich möchte möglichst alle Russen bei Olympia hinter mir lassen, damit es gar keine Diskussionen gibt und ich die Medaille vielleicht in acht Jahren nachgereicht bekomme“, sagte Ihle, der vor vier Jahren Olympia-Vierter wurde.

Am Rande der EM hatte Russlands Vize-Premier Witali Mutko die Hoffnung geäußert, dass das IOC am Montag erste Informationen über mögliche russische Olympia-Starter in Pyeongchang vorlegen werde.

Schon am 5. Dezember hatte das IOC das Nationale Olympische Komitee Russlands (ROC) für die Spiele gesperrt. Ein Komplett-Ausschluss blieb den Russen erspart. Nach dem Urteil dürfen in Südkorea aber nur unbelastete russische Sportler starten.

Da der Eislauf-Verband ISU bisher aber selbst lebenslang für Olympia gesperrte Russen noch nicht bestrafte, durften in Kolomna die vom IOC suspendierten Alexander Rumjanzew und Olga Fatkulina an den Start gehen. Rumjanzew holte über 5000 Meter und in der Teamverfolgung EM-Silber. Fatkulina, die ihre Silbermedaille von Sotschi zurückgeben musste, gewann Gold im Teamsprint.