Pechstein: 40. Geburtstag ein Tag wie jeder andere

Moskau (dpa) - Eine Medaille aus Moskau wäre zwar schön gewesen, über den sechsten Platz verschwendete Claudia Pechstein nach der WM dann aber ebenso wenige Gedanken wie über ihren 40. Geburtstag am 22. Februar.

„Das ist ein Tag wie jeder andere“, sagte die Eisschnellläuferin, deren Karriere auf jeden Fall noch bis Olympia 2014 dauern soll. Am Montagabend stimmte Pechstein nach einem Bummel über den Roten Platz deutsche Unternehmer im Wirtschaftsclub Russland auf die Spiele in Sotschi ein. „Hoffentlich werde ich einige von den Gästen dort wiedersehen“, meinte sie vor der Rückkehr am Dienstag aus Moskau.

Mit fünfmal Gold sowie je zweimal Silber und Bronze ist Pechstein die erfolgreichste deutsche Winter-Olympionikin, seit 20 Jahren überzeugt die Berlinerin vor allem auf den Langstrecken mit ihrem Kampfgeist auf dem Eis. Mit der selben Verbissenheit stemmte sich Pechstein gegen ihre Sperre. Bis heute bestreitet sie so energisch Doping, dass sie mit mancher polemischen Äußerung über das Ziel hinausschießt - immer im Bestreben, ihren Ruf wiederherzustellen.

Dass sie bei der Mehrkampf-Weltmeisterschaft nicht ihre 57. Plakette bei internationalen Wettbewerben geholt hatte, ärgerte Pechstein nach einem Infekt und einer Wirbelblockade nicht. Einen kleinen Seitenhieb konnte sie sich trotzdem nicht verkneifen. „In anderen Sportarten wird man mit 'nem Siebten zum Sportstudio eingeladen. Bei mir ist es so, dass ich die Leute schon jahrelang verwöhnt habe“, sagte Pechstein in der ihr eigenen Diktion.

Die Rennen am Sonntag nahm die Vize-Europameisterin als Training für die Schlussphase der Saison. In zwei Wochen steht der Weltcup in Heerenveen auf dem Programm, die Woche darauf das Weltcup-Finale in Berlin. Vom 22. bis 25. März folgt zum Abschluss mit der Einzelstrecken-WM in Heerenveen der Saisonhöhepunkt. „Jetzt hoffe ich darauf, dass ich den Trainingsrückstand in den nächsten Wochen aufholen kann, um mich Mitte März in Heerenveen nochmals in einer ähnlich guten Verfassung präsentieren zu können wie zu Beginn der Saison“, erklärte sie.

Der Wettkampfkalender dieses Jahres war für Pechstein auch ein Kriterium, trotz der nicht optimalen Verfassung bei der WM anzutreten. Ansonsten hätte sie seit der EM Anfang Januar bis zu den abschließenden Höhepunkten im März nur ein Rennen innerhalb von zwei Monaten bestritten. „Das ist die Planung der ISU. Das ist auch ein bisschen komisch“, schimpfte Pechstein in Richtung des Eislauf-Weltverbandes.

Der Verband bekommt bei jeder Gelegenheit sein Fett weg, seit er Pechstein vor drei Jahren wegen ihrer Blutwerte sperrte - was sie mit aufwendigen Untersuchungen auf eine ererbte Blutanomalie zurückführte. Pechstein will unbedingt erreichen, dass die ISU dieses Urteil als Fehler eingesteht. „Ich werde erst Ruhe geben, bis ich nicht nur sportlich, sondern auch ganz offiziell rehabilitiert bin“, hatte sie Ende November angekündigt. Nun wehrt sie sich im Zusammenhang mit den umstrittenen Behandlungsmethoden durch einen Ex-Arzt des Olympiastützpunktes Erfurt gegen eine „Schlammschlacht“.

Für sportliche Schlagzeilen sorgten nach Olympia-Bronze über 5000 Meter 1992 in Albertville erst die Zweikämpfe mit Gunda Niemann-Stirnemann, später dann die Rivalität mit Anni Friesinger. Die Inzellerin beobachtete die Rennen in Moskau als Kommentatorin für das niederländische Fernsehen, im Vorfeld mochte sie sich nicht zur Damen-Konkurrenz mit Pechstein äußern.

Deren Rückkehr in die Weltspitze seit dem Ablauf der Sperre vor einem Jahr ist äußerst respektabel. Zusätzlich milde stimmt Pechstein das neu gefundene private Glück mit Lebensgefährte Matthias Große, der sie auch in Moskau begleitete. Dort wurde klar: Wenn Pechstein und auch Sprinterin Jenny Wolf aufhören, hat Deutschland in Stephanie Beckert nur noch eine Eisschnellläuferin mit Top-Niveau.