Champagner für Neureuther und Dopfer - Wasmeier-Lob
Madonna di Campiglio (dpa) - Zum Abbrausen blieb keine Zeit. Noch nass von der Champagner-Dusche nach dem zehnten Weltcup-Sieg seiner Karriere wechselte Felix Neureuther unter den Augen der Journalisten vom Rennanzug in die Jogginghose.
Fritz Dopfer hatte da schon seine Analyse beendet und verabschiedete sich mit einem breiten Grinsen und mit Rang zwei im Gepäck in die kurze Weihnachtspause. Drei Tage lang können sich beide Skirennfahrer über den deutschen Doppelerfolg beim Flutlicht-Slalom in Madonna di Campiglio freuen - am 26. Dezember sitzen sie bereits wieder im Auto zum nächsten Ski-Training.
Für gute Laune bei der Heimreise aus Italien sorgten beide zuvor mit bärenstarken Auftritten vor mehr als 10 000 Zuschauern. „Das ist für mich gewaltig. Ich habe ehrlich gesagt nicht gedacht, dass das bis Weihnachten schon so funktioniert“, sagte Neureuther der Deutschen Presse-Agentur am späten Montagabend vor der nächtlichen Autofahrt nach Hause. „Das war heute ein perfektes Rennen von mir. Ich bin clever und schnell gewesen, das war richtig geil.“
Die Feiertage im Kreise seiner Familie und „allen Menschen, die mir wichtig sind“ kann er in der Gewissheit genießen, sechs Wochen vor den Weltmeisterschaften in den USA wieder in Siegform zu sein. Rückenprobleme hin oder her. „Er hat heute ein super Rennen gezeigt, darauf kann er stolz sein“, sagte seine Freundin, die Biathletin Miriam Gössner, im Zielraum und strahlte.
Für Herren-Cheftrainer Mathias Berthold, der vom Champagner nichts abbekam („Das habe ich gelernt“), ist Neureuthers Potenzial zudem noch nicht ausgereizt. „Felix ist von seinen Möglichkeiten her in der Lage, weit mehr noch zu schaffen“, prognostizierte der Österreicher. Dass Neureuther mit zehn Siegen bester Deutscher der Weltcup-Historie ist, sei „eine tolle Geschichte“, meinte Berthold. Viel wichtiger aber: „Er hat das Zeug, international in den nächsten Jahren Maßstäbe zu setzen.“ Gesamtweltcupsieger Marcel Hirscher aus Österreich, an den meisten Tagen die Referenzgröße in den technischen Disziplinen, fehlte auf Neureuther im Ziel mehr als eine Sekunde: Rang sieben. Nach einem Traumlauf war der 30-Jährige mehr als acht Zehntel schneller als Dopfer und der drittplatzierten Schwede Jens Byggmark.
Neureuther löste mit seinem zehnten Sieg Markus Wasmeier als erfolgreichsten deutschen Weltcup-Fahrer ab. „Das macht richtig Spaß ihm zuzuschauen und mich freut es riesig. Jetzt muss er nur noch zwei Goldmedaillen machen, dann löst er mich da bald hoffentlich auch noch ab. Das hoffe ich“, sagte der zweimalige Olympiasieger von 1994 im Interview bei Sky Sport News HD. Beide Familien seien eng befreundet. „Felix ist wie ein Sohn für mich“, erklärte Wasmeier bei „Sport1.de“.
Angetrieben wird Neureuther von seinen starken Teamkollegen, allen voran Dopfer. Der konnte mit Rang zwei sehr gut leben. „Mein Ziel war: Unten Abschwingen und grünes Licht sehen - egal wie weit ich vorne bin. Einfach grünes Licht sehen. Das ist mir gelungen. Das ist eine riesengroße Erleichterung und auch Bestätigung“, berichtete er und betonte: „Ich habe das voll cool gefunden vom Felix, wie er im zweiten Lauf gefahren ist.“ Auch ohne den ersten Saisonsieg seiner Karriere sind Dopfers bisherige Resultate im WM-Winter beeindruckend konstant. In sieben Wettkämpfen war er nie schlechter als Rang zehn, zweimal stand er auf dem Podest. In seinen 94 Weltcup-Rennen vor der Saison war ihm das viermal gelungen.
Neureuther jedenfalls ist fest davon überzeugt, dass Dopfer bald der elfte Deutsche ist, der ein Weltcup-Rennen gewinnt. „Wenn er weiter so Ski fährt, ist sein erster Sieg nur eine Frage der Zeit“, sagte er. Zwei Deutsche auf dem Podest sei „großartig“ - und solle Motivation sein für Stefan Luitz, der nach einer vergangene Woche im Training erlittenen Verletzung um seinen WM-Start bangen muss. „Ich hoffe, dass er bald zurückkommt, dann haben wir wieder ein sehr, sehr starkes Team“, meinte Neureuther.
Das weiß auch Wolfgang Maier: „Die drei können einfach immer in der absoluten Weltspitze mitfahren. Die letzten zwei, drei Jahre sind eine erstaunliche Entwicklung“, betonte der DSV-Alpindirektor jüngst. Nächste Gelegenheit: Der Slalom in Zagreb am 6. Januar.