GPS und Airbags - Suche nach dem Sturz-Algorithmus
Garmisch-Partenkirchen (dpa) - Die befürchtete Sturzserie in den Speedrennen der WM ist ausgeblieben, nach einem besseren Schutz vor schweren Unfällen fahndet die Skiwelt fieberhaft weiter.
Mit Hilfe der Messungen von verkabelten Vorläufern, die in Garmisch-Partenkirchen mit einer GPS-Antenne unterwegs waren, sollen die nächsten kleinen Fortschritte gemacht werden. Geschwindigkeit, Kurvenbeschleunigung oder Radius der Fahrer wurden erfasst. „Wir hoffen, weitere Informationen zu erhalten, wann es zu einer kritischen Fahrsituation kommt“, erklärt Sicherheitsexperte Karlheinz Waibel, Cheftrainer der deutschen Herren.
Dieser genaue Zeitpunkt, wann ein Athlet die Kontrolle verliert, gilt in der Szene als entscheidender Schlüssel - auch für den möglichen Einsatz von Airbags, die die FIS von einem italienischen Unternehmen erforschen lässt. Dies sei „schön und interessant“, aber auch „ein bisschen eine Alibi-Übung“, sagte Gian Franco Kasper, Präsident des Weltverbands FIS. „Es ist eine Illusion zu glauben, dass die Firma, die das jetzt mit uns macht, bis zum Frühjahr das Nonplusultra erfunden hat.“
Auch FIS-Renndirektor Günter Hujara bekräftigt, dass es nicht darum geht, „in ein oder zwei Jahren ein Airbag-System zu finden. Wir suchen den Algorithmus, der definiert, wann alle Kräfte den Fahrer überfordern“, sagte FIS-Renndirektor Günter Hujara.
Die Ideen für einen besseren Schutz sind dabei ähnlich vielschichtig, wie sich das Problem aufgrund unterschiedlicher Pisten oder wechselnder Schneeverhältnisse präsentiert. Durch die dramatischen Bilder dieses Winters, in dem mehrere Athleten bewusstlos auf der Piste lagen und der Österreicher Hans Grugger im künstlichen Tiefschlaf lag, ist das Thema Kopfverletzungen wieder in den öffentlichen Fokus gerückt. Man versuche mit den Herstellern Helme zu finden, die die Energie besser absorbieren können, sagte Renndirektor Hujara.
Die Industrie hat zudem Prototypen von weniger aggressiven Skiern entwickelt, die sich deutlich von heutigen Rennmodellen unterscheiden. Doch alle Überlegungen seien ein „zweischneidiges Schwert“, meint Präsident Kasper. „Für jedes Argument, ob breitere Ski oder nicht, sagt die eine Hälfte der Experten ja, die andere Hälfte sagt nein.“ Um die Geschwindigkeiten zu reduzieren, werde man „höchstwahrscheinlich“ etwas an den Anzügen ändern, berichtete er.
Die in dieser Saison gegründete FIS-Arbeitsgruppe Sicherheit mit ehemaligen Profis wie die Schwedin Pernilla Wiberg oder ZDF-Experte Marco Büchel aus Liechtenstein hat bei der WM einen Katalog mit Anforderungen erarbeitet, der nun an den Verband übergeben werden soll. „Das sind Punkte drin, die man versucht, schnell umsetzen zu können“, sagte Hans Pum, österreichischer Sportdirektor und Mitglied des FIS-Exekutivkomitees der Alpinen.
Wenn sich das Gremium des Themas annimmt, werden vor allem auch die Untersuchungen der Universität Salzburg eine wichtige Rolle spielen. Ähnlich wie der Deutsche Skiverband haben die Forscher im Weltcup GPS-Messungen vorgenommen und versuchen mit Experten aus der Schweiz und Norwegen, das Sturzrisiko zu minimieren. Im Sommer soll der FIS ein Zwischenbericht vorgelegt werden, die Folgen sind noch nicht abzusehen. „Ich weiß jedoch, dass sich etwas ändern muss“, sagte Professor Erich Müller, der das Forschungsprojekt leitet, den „Salzburger Nachrichten“.
Wie schwierig die gesamte Diskussion jedoch ist, verdeutlichte Hujara mit einem Beispiel für den passenden Zeitpunkt, wann ein Airbag auslöst. „Wenn der Fuß höher als die Hüfte ist, könnte man ja einfach sagen, dass der Fahrer sich nicht mehr auf seinen Ski halten kann“, erläuterte der Renndirektor, „aber ich könnte fünf Videos zeigen, wo Bode Miller seine Füße über dem Kopf hat“.