Höfl-Riesch: „Noch ist nichts entschieden“
Lenzerheide (dpa) - Hört sie auf oder macht sie weiter? Skirennfahrerin Maria Höfl-Riesch will erst einmal um den Gesamtweltcup kämpfen und sich nicht mit der großen Frage über ihre weitere Karriere beschäftigen.
„Ich habe beschlossen, dass ich mich bis zum Weltcup-Finale nicht mehr mit dem Thema beschäftige. Wenn alles vorbei ist, werde ich in mich reinhören - und hoffentlich wissen, was das Richtige ist“, sagte sie im Interview der Nachrichtenagentur dpa. Das Abfahrtstraining am Dienstag musste sie wegen Hustens und Fiebers auslassen, am Mittwoch will sie im Kampf um die Kristallkugel wieder am Start stehen.
Auf das letzte Abfahrtstraining in Lenzerheide mussten Sie am Dienstag verzichten. Wie geht es Ihnen?
Höfl-Riesch: Ich hatte schon am Montag einen schmerzhaften Husten und über Nacht habe ich auch noch Fieber bekommen. Aber ich werde alles tun, um gesund zu werden und hoffe, dass ich starten kann.
Empfinden Sie mitten im Kampf um die Weltcup-Gesamtwertung und nach erfolgreichen Olympischen Spielen gerade eher Genuss oder Anspannung?
Höfl-Riesch: Nach den erfolgreichen Tagen in Sotschi ist es nicht ganz so schlimm, wenn im Weltcup ein Rennen mal nicht so gut läuft, obwohl ich mich trotzdem ärgere - wie zuletzt in Are. Und wenn jetzt nicht das Fieber wäre, dann wäre es hauptsächlich Genuss.
Welchen Stellenwert hat diese womöglich letzte Saison in Ihrer Karriere?
Höfl-Riesch: Die Saison hat natürlich einen besonderen Stellenwert. Olympia war noch einmal ein sehr großes Highlight und die Vorbereitung war auch ganz darauf ausgerichtet. Ich habe versucht, in meinem möglicherweise letzten Jahr alles so perfekt wie möglich zu machen. Das ist Gott sei Dank aufgegangen und mit zwei Olympia-Medaillen für mich natürlich ein Riesenerfolg.
Sie hatten viele erfolgreiche Jahre - auf was sind sie besonders stolz?
Höfl-Riesch: Vor allem darauf, dass es seit 2009 bei jedem der fünf Großereignisse mit insgesamt zehn Medaillen für mich funktioniert hat. Selbst wenn ich vorher nicht perfekt in Form war wie vor der WM in Schladming vor einem Jahr. Oder wenn es beim Großereignis selbst vorher nicht so gut gelaufen ist, dass ich mich dann nicht habe runterziehen lassen, sondern an mich geglaubt und die Medaillen gewonnen habe. Ich denke, darauf kann ich schon sehr stolz sein.
Sie sind noch vor Katja Seizinger und Rosi Mittermaier die erfolgreichste deutsche Olympia-Alpine. Sie haben zwar immer gesagt, dass das nicht der Antrieb ist, aber stolz macht es einen schon, oder?
Höfl-Riesch: Wenn das dann passiert und man geht in die Annalen ein, dann ist es natürlich ein toller Erfolg und etwas Schönes. Aber das war nie die Hauptmotivation. Für mich ist immer das Wichtigste, das Beste zu geben, und wenn man dann darüber hinaus mit einem solchen Platz in der Statistik belohnt wird - umso besser.
Sie könnten nun zur Krönung der Saison als zweite deutsche Skirennfahrerin wie Katja Seizinger zum zweiten Mal den Gesamtweltcup gewinnen. Wie sehen Sie Ihre Chancen?
Höfl-Riesch: Dadurch, dass Olympia so erfolgreich gelaufen ist und für mich das Wichtigste in diesem Winter überhaupt war, mache ich mir jetzt keinen zu großen Druck. Den Gesamtweltcup habe ich auch schon mal gewonnen. Ich werde trotzdem alles geben, aber wenn es diesmal nicht klappt, dann ist das kein Drama. Allerdings wäre es schon bitter, wenn mich ausgerechnet jetzt die Krankheit stoppen würde.
Aber geht das überhaupt bei Ihren eigenen hohen Ansprüchen, dass man sagt, man macht sich keinen großen Druck und sieht den Gesamtweltcup als Zugabe?
Höfl-Riesch: Ich denke, dass das immer noch das beste Rezept ist, sich nicht zu sehr unter Druck zu setzen, sondern locker drauf los zu fahren. Ich versuche einfach, aus jedem Rennen das Beste rauszuholen und dann sehen wir, was am Ende passiert.
Es geht sehr eng an der Spitze des Klassements zu. Fühlen Sie sich ein bisschen an den engen Ausgang bei ihrem Gesamtweltcupsieg 2011 erinnert, als sie mit drei Punkten Vorsprung gewannen?
Höfl-Riesch: Nein, das ist eine ganz andere Situation. Ich habe den Gesamtweltcup schon einmal gewonnen, das ist jetzt auf jeden Fall eine mentale Entlastung. Damals hatte jahrelang immer Lindsey Vonn gewonnen, und dann war in dem einen Jahr die Chance groß, ich lag fast die ganze Saison in Führung. Dass es sich am Ende noch einmal so zugespitzt hat und so eng geworden ist, das war ein Nervenspiel. Auch diesmal wird es eng werden. Aber ich habe die Große Kugel schon daheim und kann es um Einiges lockerer angehen als damals.
Neben dem letzten großen Saisonziel begleitet Sie die Frage nach dem Karriereende. Gibt es da eine Tendenz, die sie verraten?
Höfl-Riesch: Jetzt konzentriere ich mich erst mal auf die Rennen, danach sehen wir weiter.
Wie reift so eine Entscheidung?
Höfl-Riesch: Ich habe beschlossen, dass ich mich bis zum Weltcup-Finale nicht mehr mit dem Thema beschäftige. Wenn alles vorbei ist, werde ich in mich reinhören - und hoffentlich wissen, was das Richtige ist.
Sie haben auch schon von einer Abschiedssaison zum Genießen gesprochen. Wäre für Sie denn überhaupt eine Abschiedssaison mit einem abgespeckten Programm denkbar?
Höfl-Riesch: Das wäre sicher ungewohnt, ich bin ja bisher immer alle Disziplinen gefahren. Aber warum sollte es nicht auch mal anders sein. Mir stecken mittlerweile 14 Weltcup-Saisonen in den Knochen. Aber wie gesagt, noch ist nichts entschieden.
Spielt der Ausgang der Saison für Ihre Entscheidung eine Rolle?
Höfl-Riesch: Nein, der hat damit nichts zu tun.
Egal wann Ihre Karriere enden wird: Sind Nachfolgerinnen für Sie in Sicht oder erwartet den DSV eine harte Zeit?
Höfl-Riesch: Es ist im Moment wirklich schwer einzuschätzen, wie lange es dauern wird, bis wieder jemand im Gesamtweltcup ganz vorne mitfahren kann.
ZUR PERSON: Skirennfahrerin Maria Höfl-Riesch (29) hat in ihrer Karriere so ziemlich Alles gewonnen, was es in der Alpin-Welt zu gewinnen gibt. Dreimal Olympia-Gold, insgesamt zehn Medaillen bei Großereignissen und im Jahr 2011 den Gesamtweltcup. Die laufenden Saison könnte ihre letzte sein.