Rebensburg: Medaillenchancen in Speeddisziplinen höher
Vail (dpa) - Schon im ersten Wettbewerb der alpinen Ski-WM in den USA könnte es eine deutsche Medaille geben: Viktoria Rebensburg zählt im Super-G zu den Kandidatinnen auf das Podium.
Ein Grund ist der Wechsel zu einem anderen Ausrüster im Sommer, wie die 25 Jahre alte Vancouver-Olympiasiegerin im Interview der Deutschen Presse-Agentur sagt. Sie spricht auch über ihre Vorbildrolle im schwächelnden deutschen Damen-Team und eine Besonderheit bei Felix Neureuther.
Sie sind in dieser Saison von einer Riesenslalom-Spezialistin zu einer Podiumsjägerin in Abfahrten mutiert und schon zweimal im Weltcup aufs Podest gefahren. Was ist da passiert?
Viktoria Rebensburg: Zum einen kommt die Erfahrung zum Tragen. Ich bin jetzt schon viele Jahre auf Abfahrtsstrecken unterwegs, habe die meisten also kennengelernt. Und sicher spielt auch der Materialwechsel im Sommer eine große Rolle: Ich habe mich vom ersten Schwung weg speziell auf dem Abfahrts- und Super-G-Ski extrem wohlgefühlt. Dies gibt mir neben der Erfahrung auch die nötige Sicherheit und Gelassenheit, die man für die Speed-Disziplinen braucht.
Kann man sagen, dass Sie ohne den Ausrüsterwechsel nicht diese Abfahrts-Spitzenergebnisse geschafft hätten?
Rebensburg:Schwer, da hypothetische Aussagen zu treffen. Aber wenn man sich die letzten Jahre anschaut, ist es diese Saison bei mir schon einen guten Schritt nach vorne gegangen.
Im Riesenslalom läuft es dagegen nicht mehr rund. Ihr bestes Weltcup-Ergebnis ist ein sechster Platz. Was fehlt da zurzeit?
Rebensburg:Wenn ich's wüsste, wäre ich froh. Es ist nicht leicht, das zu definieren. Es ist meistens eine Winzigkeit am Schuh oder Ski. Etwas, das an sich nur ganz minimal ist, aber eine große Auswirkung beim Fahren hat.
Andererseits machen Sie auch in den schnellen Disziplinen in vielen Rennen große Fehler und schaffen es trotzdem weit nach vorn. Bundestrainer Anwander spricht noch von großem Optimierungspotenzial.
Rebensburg:Ja, aber in den schnellen Disziplinen passt es gerade einfach sehr gut. Ich fühle mich extrem sicher, ich kann immer den ganzen Speed mitnehmen, ich kann von Schwung zu Schwung beschleunigen, richtig Gas geben also. Im Riesenslalom ist der Grat zwischen Fehlern und perfekt gefahrenen Toren viel schmaler.
Ist es eine Option, künftig auf Riesenslaloms zu verzichten und sich nur noch auf die schnellen Disziplinen zu konzentrieren?
Rebensburg:Nein, keinesfalls. Der Riesenslalom ist für mich der Schlüssel für die schnellen Disziplinen, weil die technische Basis passen muss. Wenn das nicht der Fall ist, kann man auch in der Abfahrt nicht schnell sein. Es ist auch meine Lieblingsdisziplin - eigentlich. Momentan würde ich aber schon sagen, dass mir die Abfahrten ein bisschen mehr Spaß machen als Riesenslaloms.
Sehen Sie bei den Weltmeisterschaften in den schnellen Disziplinen auch Ihre größten Medaillenaussichten?
Rebensburg:Wenn man sich die Ergebnisse zuletzt anschaut, sind die Chancen, um eine Medaille mitfahren zu können, in den Speeddisziplinen höher als im Riesenslalom. Aber wir haben in diesem Bereich zwischen den vielen Speed-Weltcups auch viel gearbeitet und getestet. Ich hoffe, dass sich das jetzt auszahlt. Ich habe definitiv am meisten Trainingszeit dieses Jahr in den Riesenslalom gesteckt.
Und in die Abfahrt?
Rebensburg:Da habe ich ehrlich gesagt im Sommer am wenigsten investiert, nur wenige Tage.
Denkt man sich da nicht als Sportler: Wenn ich da noch ein bisschen mehr mache, fahre ich bald konstant um Siege mit?
Rebensburg:Ich weiß nicht, ob man diesen Rückschluss ziehen kann. Das kann auch nach hinten losgehen, wenn Kleinigkeiten dann wieder nicht passen. Felix Neureuther ist so ein Beispiel: Er hat beispielsweise im Sommer wegen seines verletzten Rückens nicht viel trainieren können - und fährt jetzt schnell und richtig gut Ski.
Der Deutsche Skiverband hat mindestens eine WM-Medaille bei den Frauen als Ziel ausgegeben. Spüren Sie besonderen Druck, weil nur Sie dafür realistisch betrachtet infrage kommen?
Rebensburg:Nicht in dem Sinne, dass ich mir denke: Ich muss in jedem Fall eine Medaille holen, weil es die Vorgabe des DSV ist. Wichtig sind ja vor allem der eigene Ansporn und die eigenen Erwartungen. Es ist von mir eine Zielsetzung, eine Medaille zu gewinnen, auch weil es meine erste bei Weltmeisterschaften wäre.
Ist es nur Ihr Ziel oder nicht sogar Ihr Anspruch?
Rebensburg:In erster Linie Zielsetzung. Man kann nicht einfach sagen: Ich gewinne sicher eine Medaille. So viele Sachen können passieren. Aber klar: Es ist mein innerstes Ziel. Ich werde alles dafür geben.
Sie haben Anfang der Saison gesagt, dass Sie nach dem Rücktritt von Maria Höfl-Riesch jetzt im Frauenteam der „Anhaltspunkt für die anderen“ sein möchten. Das sind Sie vor allem deshalb, weil ansonsten keine andere DSV-Dame Spitzenergebnisse liefert. Was fehlt?
Rebensburg:Die anderen fahren im Training oft extrem gut und schnell. Es liegt vielleicht an der Umsetzung im Rennen, dass sie nicht das zeigen, was sie können. Sicher haben sich die Mädels mehr erwartet, aber wenn man sich die Ergebnisse etwa im Slalom letztes Jahr anschaut und Maria rausnimmt, sieht man, dass es auch schon schwierig war. Da sollte man jetzt keine Wunderdinge erwarten.
ZUR PERSON: Viktoria Rebensburg (25) wurde 2010 in Vancouver Riesenslalom-Olympiasiegerin und gewann vor einem Jahr bei den Winterspielen in Sotschi Bronze. Acht ihrer zehn Weltcupsiege holte die Kreutherin im Riesentorlauf, zwei weitere im Super-G.