„Topstar“ Höfl-Riesch: Tränchen statt Torlauf-Triumph

Schladming (dpa) - Für die packende Slalom-Entscheidung zwischen Felix Neureuther und Marcel Hirscher hatte sich Maria Höfl-Riesch zu Hause „eine Tasse Tee“ und „eine Wärmflasche für den Rücken“ bereit gelegt.

Nach zwölf für sie bewegenden WM-Tagen durfte sie als größter Medaillengarant der deutschen Alpinen das letzte Rennen von Schladming zu Hause vor dem Fernseher genießen. Weltmeisterin in der Kombination, Bronze in Abfahrt und Team-Event lautete die eindrucksvolle Ausbeute der 28 Jahre alten Skirennfahrerin bei dieser WM. Und trotzdem gab es nach dem Aus im Slalom auf Medaillenkurs am Wochenende Tränen bei der Doppel-Olympiasiegerin.

In der Tiefgarage des Zielstadions hockte sie mit ihrer Schwester Susanne auf einer kleinen gelben Bank im Neonlicht. Statt sich ein paar Meter höher bei der Siegerehrung feiern zu lassen, suchte Maria Höfl-Riesch Trost beim leidgeprüften Familienmitglied. „Du bist die Letzte, die hier weinen muss“, munterte die verletzte und bei Olympia 2010 so bitter gescheiterte Susanne auf. Die jüngere Schwester legte den Arm um die Ausnahmesportlerin. Und sie hatte Recht: Wieder einmal hatte Höfl-Riesch dem Deutschen Skiverband eine positive Bilanz beschert. Insgesamt sechs WM-Medaillen hat sie nun auf dem Konto und damit mehr als die anderen großen Alpin-Damen Katja Seizinger (4) und Rosi Mittermaier (4).

Nach olympischen Goldmedaillen haben die zwei Ehemaligen jeweils eine mehr auf dem Konto, aber alle drei bewegen sich „in einer Preisklasse“, wie Alpin-Direktor Wolfgang Maier betonte. Verbandspräsident Alfons Hörmann stimmte die nächste Lobeshymne auf die einmalige Gesamtweltcupsiegerin an. „Maria Riesch hat punktgenau zum richtigen Zeitpunkt gezeigt, dass sie einer der Topstars des alpinen Skizirkus ist“, erklärte Hörmann.

Die nicht zufriedenstellende Weltcup-Saison hat Höfl-Riesch im „kräfteraubenden Programm“ von Schladming mit sechs Starts übertüncht. Dem WM-Super-G „zum Vergessen“ folgte der Kombi-Titel („Gold. Wahnsinn, Wahnsinn, Wahnsinn“). Über Bronze in der Abfahrt („Es ist das Kreuzbandpodium. Jede von uns hat mindestens schon zwei Kreuzbandrisse gehabt“) ging es über den nächsten dritten Platz im Team-Event („Der Fritz war unser großer Joker“) zum ordentlichen Riesenslalom („Die Medaillenchance habe ich im ersten Durchgang schon verpasst“). Der Slalom trübte dann die Stimmung für die Heimfahrt. „Es ist halt Millimeterarbeit“, haderte Höfl-Riesch nach dem Aus kurz vor dem Ziel.

Als sich die erst 17 Jahre alte Amerikanerin Mikaela Shiffrin als neue Weltmeisterin feiern ließ und flankiert von Michaela Kirchgasser (Österreich/Silber) und Frida Hansdotter (Schweden/Bronze) zu den Siegerfotos aufstellte, erklärte Höfl-Riesch am TV-Mikrofon ihr Missgeschick. Kurz drehte sich die 28-Jährige mit einer Portion Wehmut zu dem Medaillentrio um, dann ging es mit Auskünften zu Ausscheidern und Abschneiden weiter.

Nicht nur bei ihr kullerten dann Tränen, sondern auch bei den Eltern auf der Tribüne. Papa Siegfried Riesch zog sich gar die Mütze vor Enttäuschung ins Gesicht. Doch auch er war stolz auf die Tochter, die ein paar Stunden nach dem Torlauf-K.o. ein Bild ihrer drei Plaketten im Internet präsentiere. „Die Vierte sollte nicht sein, schade. Da flossen schon ein paar Tränen.“

Sieben der letzten neun Damen-Medaillen bei Großereignissen gingen bei den deutschen Alpinen auf das Konto von Höfl-Riesch. Das Karriereende wird für nach Olympia 2014 oder nach der WM 2015 erwartet. Und dann? „Ich bin hundertprozentig überzeugt, dass da drei, vier Leute da sind, die auch in der Zukunft den Frauenskirennsport sehr hoch halten“, erklärte Maier. Er verwies zudem auf ein paar „Vögelchen“ im Nachwuchs mit „glänzenden“ Perspektiven - und erinnerte an die goldenen 90er.

„Wir haben damals die Seizinger gehabt und Maria war zehn Jahre später erst wieder der richtig große Stern. Und das ist in anderen Nationen fast ähnlich. Das läuft immer in Wellen“, sagte der Alpin-Chef. Trotzdem hoffen alle beim Verband, dass ihnen eine Durststrecke von 52 Einzel-Rennen bei Großereignissen ohne Medaille wie nach Olympia-Bronze von Martina Ertl 2002 erspart bleibt.