Ackermann: Trainernovize mit großen Perspektiven

Leipzig (dpa) - Ronny Ackermann war ein überaus erfolgreicher Nordischer Kombinierer. Dennoch galt er als Eigenbrötler und schwierig. Unmittelbar nach dem Ende seiner Karriere erhielt er vom Skiverband eine Trainerstelle mit Perspektive Bundestrainer.

In der neuen Rolle geht der Thüringer auf.

Seine erste knifflige Situation als Coach hat Ackermann im Stile eines Routiniers gemeistert. Der Trainernovize hat am vergangenen Wochenende seinen Schützling Tino Edelmann bewusst vom Balken der Skisprungschanze in Klingenthal geholt, obwohl die Ampel auf Grün stand. Edelmann wurde disqualifiziert. Ackermann musste sich erklären. Er tat es mit gewichtigen Argumenten, die die meisten verstanden, vor allem aber dem Athleten signalisierten: Da steht einer, auf den ich mich verlassen und dem ich zu 100 Prozent vertrauen kann.

„Der Wind war so heftig, da konnte ich Tino nicht abwinken, ohne ihn in Gefahr zu bringen. Ich musste so handeln, bei einem Sturz hängt möglicherweise die ganze Karriere dran“, begründete Ackermann ruhig und überlegt seine ungewöhnliche Handlung beim Weltcup im Vogtland. Leicht war ihm die Entscheidung nicht gefallen, das sah man dem in Oberhof lebenden viermaligen Weltmeister auch noch lange danach an.

Die Situation zeigt die Wandlung, die Ackermann inzwischen vollzogen hat. Denn der 34-Jährige galt einst als Eigenbrötler, der Fremde nur selten an sich heran ließ. „Egoist ist sicher der falsche Begriff“, sagte Ackermann in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa und beschreibt den früheren Athleten so: „Ich habe immer einen Tunnel aufgebaut, war dann stets auf mich fokussiert. Die Sportler, die das können, sind erfolgreicher, weil stets auf den Punkt da.“

Jetzt muss er auf die Sportler zugehen. „Ich bin für alle da. Ich habe den Auftrag und Anspruch, die Sportler technisch und persönlich weiterzuentwickeln. Sie sollen an ihr Maximum herankommen“, benennt er seine Philosophie. Dabei beginnt er erst im September sein dreijähriges Trainerstudium an der Sporthochschule Köln. „Ein Crashkurs wie bei den Fußballern wäre mir lieber, aber den gibt's leider nicht“, bemerkt der Thüringer.

Dabei wählt er die Worte mit Bedacht. „Es ist mein Anspruch, viel über die Sprache zu erreichen. Ich bin also nicht der harte Hund und auch nicht derjenige, der nur Zuckerbrot ausgibt. Ich habe zu jedem eine neutrale Position“, sagt Ackermann. Wohlwissend, dass viele seiner Entscheidungen gerade von den älteren Athleten mit Argusaugen betrachtet werden. Denn schließlich war er noch vor gut einem Jahr der Teamkollege von Björn Kircheisen, Eric Frenzel oder Edelmann. Und das Verhältnis untereinander war nicht immer das beste.

„Ich kenne sie alle aus Athletensicht. Da sind es meistens Konkurrenten. Das, was ich über sie wusste, bringt aus Sicht des Trainers nichts. Aber das ist ein Lernprozess, herauszufinden, wie sie wirklich ticken“, erzählt „Acker“. Es muss ihm schon recht gut gelungen sein. Denn von einem angespannten Verhältnis, gerade zu Kircheisen, ist von beiden Seiten nichts mehr zu spüren.

„Kirche hat gemerkt, dass Ronny ihm das eine oder andere durchaus zeigen kann. Und er ist kein Konkurrent mehr für ihn“, sagt Cheftrainer Hermann Weinbuch. Seinen langjährigen Vertrauten und Mentor, eine Art Vaterfigur, soll Ackermann wohl nach Olympia 2014 beerben. „Das ist eine große Ehre für mich, aber so weit denke ich nicht. Ich habe noch viel zu lernen, brauche noch einige Jahre, um in dem Job bestehen zu können. Ein guter Athlet muss nicht unbedingt auch ein guter Trainer sein. Ich brauche das Gefühl, die anderen weiterbringen zu können“, betont Ackermann.

Weinbuchs Philosophie im Umgang mit den Athleten beherrscht er zumindest schon. Und mit klaren Entscheidungen wie im Fall Edelmann in Klingenthal unterstreicht er, dass er auf dem richtigen Weg ist.