Comeback ausgeschlossen: Angerer genießt Leben
Oberstdorf (dpa) - Tobias Angerer ist zurück in der Langlauffamilie. Das Unschöne daran: Der zweimalige Gesamtweltcup-Gewinner tauchte nur als Experte für das ZDF beim Start der Tour de Ski in Oberstdorf auf.
Angesichts der bislang eher schwachen deutschen Auftritte im Saisonverlauf wäre ein Comeback wünschenswert. Angerer wehrte alle Überredungsversuche zu einer Rückkehr in die Loipen ab. „Das Kapitel ist beendet. Ich genieße jetzt das Leben ohne Leistungssport. Ich schaue mir alle Rennen am Fernseher an, war auch in Davos dabei. Aber ich empfinde keinerlei Wehmut, wenn ich die Kollegen laufen sehe“, sagte er.
Ein wichtiger Punkt aus seiner Sicht: „Der Langlauf hat sich schon wieder verändert. Wenn ich sehe, wie schwer sich ältere Läufer wie Lukas Bauer oder Giorgio di Centa tun, dann weiß ich, dass mein Rücktritt nach Olympia genau richtig war“, erzählte der mittlerweile 37-jährige Traunsteiner, dessen Name für immer untrennbar mit der Tour de Ski verbunden sein wird.
Schließlich war Angerer vor neun Jahren Premierensieger des mittlerweile zu den Saisonhöhepunkten zählenden Mehretappenrennens. „An die Tour denke ich immer noch gern. Schließlich wird dabei der kompletteste Läufer ermittelt, der sich über zehn Tage keine Schwächephase leisten darf. In Oberstdorf wurde damals der Grundstein gelegt, als mich Axel Teichmann uneigennützig nach vorn gelaufen hat. So etwas vergisst man nicht“, bemerkte der dreifache Familienvater, der sich nach seinem emotionalen Abschied am legendären Holmenkollen von Oslo zunächst komplett zurückgezogen hatte.
„Ich habe ein halbes Jahr abtrainiert und Dinge gemacht, für die während meiner Karriere nie Zeit war. Ich habe mit meiner Frau eine Ägypten-Reise unternommen, später mit der ganzen Familie einen ausführlichen Italien-Urlaub gemacht. Es war ein richtiges Durchschnaufen, ein einfaches In-den-Tag-Hineinleben.“ Mittlerweile studiert er Sportmanagement in München und muss in einer Woche die ersten Prüfungen ablegen.
Seine Nachfolger beobachtet er - schon aus Expertensicht - kritisch. Die Durststrecke im Herrenbereich sieht er als Momenterscheinung. „Sie haben es ja schon bewiesen, dass sie es können. Vielleicht war das Rennen am Sonntag das Aha-Erlebnis, was die Knoten löst“, betonte Angerer, meinte jedoch: „Man darf aber auch nicht erwarten, dass es solche Dauererfolge, wie sie uns Deutschen vor zehn, elf Jahren gelungen sind, so schnell wieder geben wird. Deutschland hat viele Langläufer im Nachwuchsbereich, ist aber keine Langlauf-Nation. Man muss den Leuten Zeit zum Entwickeln geben. Es wird auch wieder Erfolge geben, aber man muss auch kleinere Brötchen backen.“