Skispringen Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee: Prevc oder doch Freund?
Bischofshofen. Wenn die deutschen Skispringer in den vergangenen Jahren in Innsbruck in ihrem Stammrestaurant saßen, hatten sind selten Grund zum Feiern. Nach Platz zwei von Severin Freund mit starkem Mannschaftsergebnis war das am Sonntagabend anders.
Nicht ausgeschlossen, dass es am Dreikönigstag noch besser kommt: Zwar führt der Slowene Peter Prevc im Kampf um den Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee gegenüber Severin Freund relativ deutlich. „Aber im Skispringen kann sich alles sehr schnell ändern“, sagt Prevc. Der finale Vergleich vor dem finalen Springen (Mittwoch, 17 Uhr; Qualifikation an diesem Dienstag/17 Uhr jeweils ARD und Eurosport):
Ausgangslage: Peter Prevc hat nach drei Springen 842,1 Punkte gesammelt, fährt mit einem Vorsprung von 19,7 Zählern oder etwa elf Metern auf Severin Freund an die Paul-Außerleitner-Schanze in Bischofshofen. Und diese Schanze liegt dem Athleten des SK Triglav Kranj „vom Profil her extrem gut“, wie der Cheftrainer der Deutschen, Werner Schuster, sagt. „Das ist eine Schanze wie Garmisch, da kommen seine Qualitäten extrem durch.“ Vorteil Prevc.
Form: Die ist bei beiden beeindruckend. Prevc hat in den zehn Weltcup-Springen der Saison fünf Siege und 824 von möglichen 1000 Punkten geholt (und 87900 Euro Preisgeld), Freund drei Siege und 639 Zähler (71400). Der Deutsche sagte nach dem Sieg in Oberstdorf, er sei noch nicht da, wo er im vergangenen Februar war, als er die Weichen für den Sieg im Gesamtweltcup stellte. „Severin ist immer gefährlich in der zweiten Saisonhälfte“, weiß sein Kontrahent. Diesmal ist es Freund schon in der ersten Saisonhälfte. Unentschieden.
Psyche: Beide haben die Tournee noch nicht gewonnen, Prevc wäre der zweite Slowene, der triumphiert, Freund der elfte Deutsche. Die Erfahrung spricht für den 27 Jahre alten Deutschen (21 Weltcupsiege, 1 olympische Medaille, 8 WM-Medaillen), Prevc ist 23 (11/2/4) — und hat Freund schon zweimal eine Medaille weggeschnappt. Freund hat sich aber beim jüngsten Weltcup-Finale in Planica, Prevc´ Heimat-Weltcup, mit dem Sieg im Duell um den Gesamtweltcup eindrucksvoll revanchiert. Das hat Prevc reifen lassen. Beispiel Innsbruck: Der Druck vor dem Start sei immens gewesen, sagt Prevc. „Viele Dinge gingen mir vor dem Sprung durch den Kopf. Aber ich habe alle negativen Gedanken weggeschoben und mich nur auf die positiven Dinge konzentriert.“ Unentschieden.
Umfeld: Das deutsche Team ist stark, nämlich die beste Nation im Weltcup, hat fünf Athleten unter den besten 15 der Tournee. Das kann Freund wie im zweiten Durchgang von Oberstdorf beflügeln — anfahren, abspringen, fliegen und landen muss der Teamolympiasieger von Sotschi allerdings immer noch alleine. Prevc´ Team ist im Wesentlichen seine Familie, sprich sein 16 Jahre alter Bruder Domen, der auf Platz 20 der Gesamtwertung liegt. Insgesamt sind sechs Slowenen am Start. Kleiner Vorteil Freund.
Gesundheitszustand: Könnte bei beiden besser sein. Prevc hat sich beim Neujahrsspringen erkältet, Freund war beim Probesprung in Innsbruck gestürzt, hat sich Prellungen zugezogen. Unentschieden. Charakterisierung: Während der diversen Pressekonferenzen pflegten die beiden ruhigen Typen immer mal wieder den Smalltalk, in Innsbruck wurden sie gebeten, sich gegenseitig zu charakterisieren.
Freund über Prevc: „Peter ist nach außen auch eher ein ruhiger Typ, der in jungen Jahren schon sehr, sehr viel erreicht hat. Trotz einiger Medaillen hatte er bei Großereignissen noch nicht das große Glück, so verpasste er wegen eines Sturzes die Skiflug-WM in Oberstdorf. Er ist ein großer Arbeiter, der vor dem Wettkampf alles rausholt und stabil ist — das macht alles leichter.
Prevc über Freund: „Severin schaut immer nach Perfektion, hat alles unter Kontrolle. Es ist für mich eine Ehre, mich mit so einem großen Gegner vergleichen und Wettkämpfe bestreiten zu dürfen. Trotz der Vorjahreserlebnisse ist es immer einer Freude, mit ihm an die Schanze zu gehen.“ Sympathiepunkt für Prevc.
Fazit: Severin Freund steht parat, gewinnt die Tournee aber nur, wenn Peter Prevc stürzt oder das Wetter wie in Oberstdorf Einfluss nimmt.