Schmitt drückt Freund die Daumen - Trainerjob kein Thema
Oberstdorf (dpa) - Martin Schmitt weiß nur zu gut, wie sich Severin Freund in den Stunden vor dem Auftaktspringen der Vierschanzentournee fühlt. 18 Mal ging der frühere Weltmeister und Weltcupsieger bei der Traditionsveranstaltung an den Start - gewinnen konnte er sie nie.
Wie Millionen Fans vor dem Fernseher drückt der einstige Weltklassespringer dem großen deutschen Hoffnungsträger daher ganz fest die Daumen. „Der Severin hat die Voraussetzungen, aber er wird ein bisschen zulegen müssen. Zuletzt waren seine Sprünge nicht auf dem Niveau, um die Tournee gewinnen zu können. Ein guter Start ist extrem wichtig“, sagte Schmitt vor dem ersten Wettbewerb an diesem Dienstag in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. „Nach Oberstdorf wird man schon mehr wissen, wer gut über die Weihnachtsfeiertage gekommen ist.“
Wie die meisten Experten sieht Schmitt zwar im Slowenen Peter Prevc den großen Gegenspieler von Freund, doch er hat noch andere Athleten auf dem Zettel. „Ich denke, es wird nicht nur auf einen Zweikampf hinauslaufen“, erklärte der 37-Jährige. Sein Geheimfavorit ist der Vorjahreszweite Michael Hayböck aus Österreich. „Bei ihm ist die Tendenz aufsteigend. Den darf man nicht abschreiben.“
Physisch und psychisch sieht er Freund für den zehntägigen Schanzen-Showdown bestens gerüstet. „Die Tournee ist natürlich ein Highlight. Aber er hat sich schon ein wenig davon freigemacht, indem er einfach alles andere gewonnen hat. Da ist der Druck nicht mehr ganz so groß und man kann zur Not auch ohne Tourneesieg leben“, sagte Schmitt über den Team-Olympiasieger und Weltmeister im Einzel, Mixed und Skifliegen. „Aber natürlich will er gewinnen.“
Das Negativerlebnis aus dem Vorjahr, als Freund in Oberstdorf nur 13. wurde und bereits alle Chancen einbüßte, sollte seiner Ansicht nach nicht nachwirken. „Wenn ein Moment der Schwäche kommt, kann schon mal so ein Gedanke kommen, 'nicht schon wieder'. Aber ich denke, Severin kann das ausblenden. Er agiert mit einer großen Ruhe und hat schon oft bewiesen, dass er in extremen Drucksituationen bestehen kann“, sagte Schmitt.
Er selbst wird die Tournee wieder als TV-Experte für Eurosport begleiten und sicher noch genauer hinschauen als in den Jahren zuvor. Denn Schmitt hat sich mit dem viermaligen Olympiasieger Simon Ammann in der von Hubert Schiffmann geleiteten Sportmarketing-Agentur ASP SPORTS zusammengetan. Prominentester Klient: Severin Freund.
„Den Gedanken gab es schon länger. Im Frühjahr hat sich das konkretisiert und dann haben wir den Schritt gewagt“, berichtete der viermalige Weltmeister. Schmitt ist mitverantwortlich für die grundsätzliche Ausrichtung der Agentur und unterstützt den Chef in den verschiedensten Bereichen wie Sportlerakquise, Firmenkontakte und Gestaltung der Website.
Für Schmitt ist das der ultimative Praxistest, nachdem er sich viel theoretisches Wissen angeeignet hat. Sein dreijähriges Trainerstudium in Köln hat er als Klassenbester mit der Note sehr gut abgeschlossen, das Bachelor Studium an der Uni Leipzig will er im Wintersemester zu Ende bringen. Seit September absolviert er zudem ein Executive Programm an der Sport Business Academy (SPOAC) in Düsseldorf.
Eine Karriere als Trainer ist daher momentan „weit weg“, so Schmitt. „Ich habe jetzt andere Aufgaben, die ich ernst nehme und wo ich meine Zukunft sehe.“ Sehr zum Bedauern von Bundestrainer Werner Schuster. „Es wäre eine Riesengeschichte, wenn der DSV ihn einbeziehen würde. Er würde uns bereichern“, sagte Schuster in einem Interview der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Montag). Aber vielleicht kommt ja doch alles ganz anders, denn Schmitt hat mit dem Thema noch nicht ganz abgeschlossen: „Das hat nach wie vor einen großen Reiz.“