Vierschanzen-Tournee Skisprung-Bundestrainer Schuster wählt Variante 101
Die deutschen Adler haben die Tournee im Sommer durchgespielt und haben ein neues Quartier über Silvester
Oberstdorf. Die Vierschanzentournee ist komplex. Deshalb gehören die Sätze von Bundestrainer Werner Schuster und seinem besten Skispringer Severin Freund vor der am Montag (17.15 Uhr/ARD) mit der Qualifikation in Oberstdorf beginnenden 64. Vierschanzentournee zur Ja-aber-Kategorie: Ja, die deutschen Springer, die in den vergangenen Jahren bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften Medaillen geholt und dank Freund jüngst den Gesamtweltcup gewonnen haben, wollen seit Sven Hannawalds legendärem Triumphzug 2001/2002 endlich mal wieder den Tourneesieger stellen. „Aber ich weiß, dass vieles aus dem Moment heraus passieren muss“, sagt Severin Freund. „Eine Garantie gibt es nicht.“
Der deutsche Hoffnungsträger habe „100 verschiedene Varianten, in die Tournee zu gehen“ schon probiert. Mit erstaunlich mäßigem Erfolg: In den vergangenen vier Jahren war Freund nur 2011/2012 bester Deutscher, als Gesamtsiebter. Danach folgten die Plätze 13, 16 und zuletzt Rang acht. Die von Werner Schuster gewählte Variante 101 soll seinen Besten nun beflügeln: Die deutschen Vielflieger haben in der Vorbereitung eine Sommer-Tournee mit internen Wettkämpfen bestritten, sind nach dem gleichen Muster wie im Winter über die vier Schanzen von Oberstdorf bis Bischofshofen gereist, in denselben Hotels.
Dabei hat der Trainerfuchs aus Österreich auf eine „Uralt-Idee“ zurückgegriffen: „Wir werden von Oberstdorf nach Seefeld fahren und von dort die Springen in Garmisch und Innsbruck angehen“, erklärt Schuster. „Das ist interessant für die Jungs, weil es ein anderes Hotel, ein anders Silvester ist.“
Severin Freund glaubt, dass es in jedem Fall hilft, dass die Mannschaft ihr neues Hotel im Sommer schon einmal kennengelernt hat. Und natürlich habe er von der Sommer-Tournee viel mitgenommen. „Ich habe meine Schritte im Vorfeld erledigt, dass es passieren kann.“ Dann kommt wieder das Aber: „Aber eine 1:1-Simulation gibt es nicht.“ Man müsse zu einem Teil darauf vertrauen, „dass die Tournee zu einem kommt“. Nach knapp einer Woche Weihnachtspause mit seiner Verlobten Caren sitzt der als Flieger-Ass viel dekorierte Severin Freund also am Montag auf dem Balken und wartet: Wartet, dass es endlich los geht, wartet, dass der Flow kommt — der große Fluss, der den Springer länger in der Luft hält als die anderen. Werner Schuster formuliert es so: „Wenn einer wirklich gut drauf ist, dann kann er bei der Tournee viermal im Zelt übernachten.“
Es spricht viel dafür, dass der Slowene Peter Prevc der Camper dieser Tournee wird. „Er ist sicher der Mann, den es zu schlagen gilt“, sagt Werner Schuster. Aber? „Aber er ist nicht unschlagbar.“ Natürlich wird Severin Freund als Zweiter des Gesamtweltcups als größter Konkurrent Prevc’ gesehen. Von den 13 Schuster-Jungen haben zudem Richard Freitag, der nach seiner Technikumstellung „von einer weitaus solideren Basis“ (Freitag) agiert, und Andreas Wellinger „Top-Fünf-Niveau“ von ihrem Trainer bescheinigt bekommen; zu den drei Weltcup-Siegen (zweimal Freund, einmal Team) gibt es fünf weitere Platzierungen unter den besten Fünf. Bei Andreas Wank und Stephan Leyhe sei das Niveau „ordentlich“, so Schuster, Marinus Kraus „wackelt“.
Die Tournee ist so komplex — und doch so einfach: „Klar, muss man sich ein Konzept überlegen“, hat Severin Freund noch gesagt, „aber im Endeffekt bleiben es einfach vier Weltcupspringen.“ Am Montag geht es einfach los.