Horror-Sturz Traurige Gewissheit: Lukas Müller querschnittsgelähmt
Bad Mitterndorf (dpa) - Dem Horror-Sturz folgte die Schock-Diagnose: Skispringer Lukas Müller ist querschnittsgelähmt. Der 23 Jahre alte Österreicher könne „die Beine derzeit nicht bewegen“, teilte Franz-Josef Seibert, Unfallchirurgie-Vorstand am Universitätsklinikum Graz, mit.
Ob Müller irgendwann wieder gehen könne, sei offen. „Es wäre unseriös, zum jetzigen Zeitpunkt eine fixe Aussage dazu zu machen“, erklärte Seibert. Nach Angaben des Ärztlichen Direktors Gernot Brunner sei dies eine „Frage von Monaten oder sogar einem Jahr. Derzeit kann sie niemand auf der Welt beantworten.“
Das Sturz-Drama um den Junioren-Weltmeister von 2009, der die Diagnose laut Seibert „relativ gefasst“ aufgenommen hat, löste im Springerlager große Betroffenheit aus. „Das geht nicht spurlos an einem vorbei“, sagte der viermalige Olympiasieger Simon Ammann. Der Schweizer war im Vorjahr in Bischofshofen schwer gestürzt, hatte aber keine bleibenden Schäden davongetragen.
„Mir tut es extrem weh, dass er so schwer verletzt ist. Das ist tragisch für ihn“, sagte Bundestrainer Werner Schuster. Der Österreicher in deutschen Diensten kennt Müller noch aus seiner Trainerzeit am Skigymnasium Stams. „Ich hoffe, dass er die Kraft hat, im wahrsten Sinne des Wortes wieder auf die Beine zu kommen.“
Auch Thomas Morgenstern, der 2014 ebenfalls am Kulm schwer gestürzt war und einige Monate danach seine Karriere beendete, äußerte sich betroffen. „Es ist eine emotionale Geschichte für mich, denn ich kenne Luki sehr gut und war ein Mitgrund, dass er zum Skispringen gekommen ist“, sagte der Österreicher.
Innerhalb eines Jahres beklagt der Skisprung nach dem Amerikaner Nick Fairall schon das zweite Opfer mit schwersten Verletzungen. „Es ist schade, dass so etwas zweimal in kurzer Zeit passiert. Ich bin schon lange dabei und habe vorher niemanden mit solchen Schäden gekannt“, sagte Schuster.
Fairall hatte bei seinem Sturz beim Tournee-Finale 2015 in Bischofshofen ebenfalls eine schwere Wirbelverletzung erlitten. Der 26-Jährige, der die WM-Flüge am Kulm als Zuschauer verfolgt, hatte erst vor zehn Tagen bei einer emotionalen Pressekonferenz am Unglücksort von seiner Leidenszeit berichtet. Er sitzt seither im Rollstuhl.
Dieses Schicksal wird Müller zunächst teilen. Er hatte sich am Mittwoch bei seinem schweren Sturz in Bad Mitterndorf den sechsten und siebten Halswirbel gebrochen. „Es liegt eine inkomplette Querschnittslähmung vor“, teilte Seibert mit. Durch die erfolgreich verlaufene Operation der unteren Halswirbelsäule seien zumindest die Voraussetzungen für eine mögliche Heilung geschaffen worden, erklärte er weiter. Man habe mit ersten Mobilisierungsmaßnahmen begonnen.
Müller muss für einige Tage zur Beobachtung auf der Intensivstation bleiben, weil durch die Lähmung auch die Rumpf- und Atemmuskulatur beeinträchtigt wird. Nach Auskunft der Ärzte ist er bei Bewusstsein und muss nicht mehr künstlich beatmet werden.
Obwohl Müller keinem Verbandskader mehr angehört, sagte ihm der ÖSV die volle Unterstützung zu. „Wir werden in jeder Form helfen“, versprach Präsident Peter Schröcksnadel. Beim Einfliegen der WM-Schanze hatte Müller am Mittwoch die Kontrolle über seinen linken Ski verloren und war bei 120 Meter mit voller Wucht auf den Hang geknallt. Einen Rückenprotektor, der seit diesem Jahr genutzt werden kann, trug er nicht.
Auslöser für den Sturz war wohl ein Problem mit dem Skischuh, bei dem sich die Schnalle über dem Rist öffnete. Weiter unklar ist, ob ein Materialproblem oder ein persönlicher Fehler des Springers vorlag. Dies will der ÖSV nun untersuchen lassen.