Analyse: In Magdeburg bleibt wohl alles beim Alten
Magdeburg (dpa) - „Nie wieder die rote Laterne“, tönte die CDU im Wahlkampf und warnte intensiv vor Rot-Rot. Die Wähler in Sachsen-Anhalt hörten darauf - sie setzen auf Bewährtes und geben Schwarz-Rot eine neue Chance.
Wenige Wochen durfte die SPD damit liebäugeln, dass ihr Spitzenkandidat Jens Bullerjahn Ministerpräsident wird. Doch weil die SPD wie schon vor fünf Jahren am Wahltag schlechter abschnitt als in den Umfragen, bleibt ihr wohl nichts anderes als die Junior-Rolle an der Seite der Christdemokraten.
Schon in den Befragungen vor der Wahl hatte eine Mehrheit für den Fortbestand der 2006 gegründeten CDU/SPD-Koalition plädiert. 43 Prozent waren dafür - im Gegensatz zu 27 Prozent, die Rot-Rot besser gefunden hätten.
Nach neun Jahren Amtszeit von Wolfgang Böhmer wird Sachsen-Anhalt damit voraussichtlich weiter von der CDU regiert: Der bisherige Wirtschaftsminister Reiner Haseloff wird wohl in die Staatskanzlei in Magdeburg einziehen. Ein über die Parteigrenzen hinweg geschätzter Landesvater, wie es Böhmer war, wird er vermutlich nicht so schnell werden. Denn der 57-Jährige promovierte Physiker ist nicht allzu populär und gilt als hölzern. Aus dem langen Schatten Böhmers muss er erst noch heraustreten.
Vor fünf Jahren hatten CDU und SPD in Magdeburg erstmals eine Koalition gebildet - ein Bündnis, in dem beide Seiten weitgehend harmonisch zusammengearbeitet haben. Damals hatte es die SPD von vornherein darauf angelegt, in einer Koalition mit der CDU einen Regierungswechsel herbeizuführen.
Diesmal ließ sich die SPD alle Optionen offen - in der Hoffnung, in einem rot-roten Bündnis zum ersten Mal seit langem den Regierungschef stellen zu können. Doch nun kann sich Finanzminister Jens Bullerjahn wohl weiter voll auf die Konsolidierung des Landeshaushalts konzentrieren.
Die Linkspartei ließ am Wahlabend freilich nicht locker. Sie bot der SPD Gespräche an und appellierte, inhaltliche Gemeinsamkeiten höher anzusiedeln als die Machtfrage. Tatsächlich wurden im Wahlkampf viele Übereinstimmungen zwischen SPD und Linken deutlich: Beide Parteien wollen, dass Kinder länger gemeinsam lernen, eine Tarifbindung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und eine Rückkehr zum Anspruch auf eine ganztägige Betreuung für alle Kinder.
Demgegenüber steht der Zweifel bei vielen Sozialdemokraten an der Verlässlichkeit der Linkspartei. Und SPD-Spitzenkandidat Bullerjahn sowie andere führende Sozialdemokraten blieben standhaft - kein Rot-Rot mit einem linken Ministerpräsidenten. Eine Position, die nach Ansicht des halleschen Politologen Everhard Holtmann Bestand haben dürfte: „Von dieser Ansage kommt man nicht mehr herunter.“
Für frischen Wind in Magdeburg werden künftig die Grünen sorgen. Entscheidend für die Rückkehr in den Landtag war aber nicht eine starke Verankerung der Öko-Partei im Land, sondern wohl die Debatte über die Atomkraft. Vor der Japan-Katastrophe hatte es so ausgesehen, als würde der zuletzt negative Trend den Grünen in Magdeburg einen Strich durch die Rechnung machen. Jetzt können sie aber im Landtag für einen weiteren Ausbau von Wind- und Sonnenenergie in dem bei Erneuerbaren schon vorne liegenden Bundesland werben.
Im Landtag übernehmen die Grünen die Rolle der vierten Kraft von der FDP, die schon 2006 einen herben Dämpfer erlitten hatte, aber noch mit einem blauen Auge davonkam. Spitzenkandidat Veit Wolpert konnte die damals zerstrittene Fraktion zwar einen, bei den Wählern spielten die klassischen liberalen Positionen diesmal aber keine große Rolle - auch angesichts der Atomkatastrophe.
Die Aufgaben für die neue Landesregierung sind immens, auch wenn das Land in den vergangenen Jahren vor allem in Wirtschaft und Arbeitsmarkt wichtige Schritte nach vorne gemacht hat. Ein großes Problem bleibt die Abwanderung, die sich - wenn auch in abgeschwächter Form - fortsetzt.
Für Erleichterung sorgte parteiübergreifend das Scheitern der NPD und die wieder gestiegene Wahlbeteiligung - beides tut dem oft unterschätzten Bindestrich-Land im bundesweiten Ansehen gut.