Analyse: Nach der Wahl ist vor der Koalitionspartnerwahl

Dresden (dpa) - Zurück in die Zukunft: In Sachsen sieht es nach einer Neuauflage der CDU/SPD-Koalition aus. Andere Farbenspiele sind aber ebenfalls möglich. Der Wunsch der Wähler ist deutlich.

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Der Sieger stand lange fest, die große Überraschung blieb aus. Die Union ist in Sachsen auch 25 Jahre nach der Wende die dominierende Kraft - selbst mit ihrem dort wohl historisch schlechtesten Ergebnis. Sie kam nach Hochrechnungen bei der Landtagswahl auf knapp unter 40 Prozent, nach 40,2 Prozent bei der letzten Wahl 2009. Ihr Koalitionspartner FDP (3,7 bis 3,9 Prozent) schied dagegen aus dem Parlament aus und setzt damit den Niedergang der Liberalen fort. Die Liberalen sind nun in keiner Landesregierung mehr vertreten. Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hat jetzt die Wahl. Als Juniorpartner steht die SPD bereit. Auch Schwarz-Grün schien am Abend rechnerisch noch im Bereich des Möglichen zu sein.

Wie schon 2004 bietet auch diese Sachsen-Wahl ein bundespolitisches Novum: Damals schaffte die rechtsextreme NPD erstmals seit Ende der 1960er Jahre wieder den Einzug in ein deutsches Länderparlament. Diesmal gelang das der Alternative für Deutschland (AfD) im ersten Anlauf. Nach dem guten Abschneiden der Eurokritiker im Freistaat bei der Bundestagswahl 2013 und der Europawahl im Mai galt die AfD als gesetzt. Mit aus dem Stand etwa 10 Prozent schaffte sie es aber deutlicher als erwartet. Sachsens Parteichefin Frauke Petry hofft nun auf Gespräche mit der CDU. „Wir sind gespannt, ob Herr Tillich auf unsere Themen eingehen wird.“

Für die rechtsextreme NPD entwickelte sich der Abend hingegen zur Zitterpartie. Sie lag in den Hochrechnungen direkt an der Fünf-Prozent-Hürde. Wochenlang war sie in Umfragen deutlich darunter gesehen worden, bis die Krisen in Syrien und dem Irak die Flüchtlingsströme auch in Deutschland anschwellen ließen. Die Rechtsextremen machten ihren Wahlkampf vor allem vor Asylbewerberheimen, missbrauchten die Sorgen von Anwohnern. Zuletzt legten sie dann auch wieder in der Wählergunst zu.

Bei der CDU-Wahlparty wurden die Ergebnisse eher nüchtern aufgenommen. Dennoch sprach Tillich von einem „Superergebnis“. „Das zeigt, dass die Menschen uns vertrauen, dass wir weiter Verantwortung übernehmen und die Geschicke des Landes in die Hand nehmen sollen“, sagte er mit Verweis darauf, dass die Linke es als zweitstärkste Kraft auf nur etwa die Hälfte der Stimmen bringt. Mit wem diese Verantwortung künftig getragen werden solle, darüber würden nun die Parteigremien beraten, sagte Tillich. Es gebe zwei Optionen: SPD und Grüne. „Ich habe keine Präferenz, das müssen Gespräche ergeben.“ In der ARD legte er sich später noch fest auf das, was die Bundespartei schon vorher gesagt hatte: dass die AfD nicht in Frage kommt, um das Land gemeinsam voranzubringen.

SPD-Chef Martin Dulig hatte sich bereits im Wahlkampf als Juniorpartner angeboten. „Ja, ich bin bereit, Verantwortung in Sachsen zu übernehmen.“ In Umfragen sprachen sich mehr als die Hälfte der Befragten für ein schwarz-rotes Bündnis aus. Die Chefin der Grünen-Landtagsfraktion, Antje Hermenau, die auch schon länger mit einem Bündnis mit der CDU liebäugelt, war zunächst erleichtert über den Wiedereinzug Landtag mit knapp 6 Prozent. „Das Ergebnis ist optimistischer, als manche in den letzten Tagen gedacht haben.“

Für die FDP ist es ein weiterer Tiefschlag: „Die Marke ist schwer beschädigt“, konstatierte Sachsens Liberalen-Chef Holger Zastrow das Ergebnis. „Wir haben wie die Löwen gekämpft.“ Genutzt hat es nicht.

Fast aus dem Blickfeld geriet am Wahlabend mit der Linken der unglückliche „zweite Sieger“ der Wahl, der bei gut 18,5 bis 18,9 Prozent landete. „Es sieht so aus, als hätten wir unser wichtigstes Wahlziel erreicht: die Rückkehr der CDU zur absoluten Mehrheit, die noch vor drei Monaten greifbar schien, zu verhindern“, sagte Parteichef Rico Gebhardt und tröstete sich mit Rückblick. Vor einem Jahr habe die Linke in den Umfragen noch bei 14 Prozent gestanden.

Die schlechte Wahlbeteiligung von noch nicht einmal 49 Prozent wird in den nächsten Tagen sicher noch für Gesprächsstoff sorgen. Die Opposition hatte diesen spätesten möglichen Termin am letzten Ferientag von Beginn an kritisiert, da er eine geringe Beteiligung erwarten ließ. Tillich wies dies am Wahlabend zurück und sah die Schuld beim politischen Gegner. „Es ist der Opposition nicht gelungen, ihre Themen zu setzen und damit einen tatsächlichen Wahlkampf zu initiieren.“