Analyse: „Politische Lösung“ gesucht

Doha (dpa) - Europas Außenminister sind viel unterwegs in dieser Woche. Eben noch Luxemburg, dann viereinhalbtausend Kilometer Flug nach Doha und gleich wieder zurück nach Berlin, wo an diesem Donnerstag die 28 Nato-Staaten zusammenkommen.

Das Thema ist immer dasselbe: Libyen. Parallel zum Kriegseinsatz kommt jetzt auch die Suche nach einer „politischen Lösung“ auf Touren.

Im schwerreichen Golfstaat Katar - dem einzigen arabischen Land, das den Nationalen Übergangsrat der Opposition bislang anerkannt hat - kam am Mittwoch die Libyen-Kontaktgruppe zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Die neueste Gründung der internationalen Diplomatie ist eine etwas merkwürdige Zusammenstellung aus mehr als 20 Nationen und internationalen Organisationen, bis hin zur Gaddafi-freundlichen Afrikanischen Union.

Darunter sind Staaten wie Frankreich oder Großbritannien, die von Anfang an beim Militäreinsatz dabei sind und mit dem jüngsten Verlauf wenig zufrieden sind, später Hinzugekommene wie Schweden oder Italien, aber auch Länder wie Deutschland und die Türkei, die an der Operation „Vereinte Schutzmacht“ nie mitmachen wollten. Entsprechend schwer fällt es, zu einer gemeinsamen Meinung zu kommen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle legte besonders großen Wert darauf, in Katars Hauptstadt Doha dabei zu sein. Immer noch müssen sich die Deutschen gegen den Eindruck wehren, durch die Enthaltung vor dem UN-Sicherheitsrat ins Abseits geraten zu sein. Gleich zu Beginn des Treffens stellte Westerwelle nochmals klar, Deutschland sei „alles, aber nicht international isoliert“.

Im Gegenteil: Der scheidende FDP-Chef sieht sich nach bald einem Monat Krieg in der Meinung bestätigt, dass nur eine „politische Lösung“ möglich ist. „Mehr und mehr Länder - auch diejenigen, die für das militärische Engagement eingetreten sind - sehen, dass es keine militärische Lösung geben wird.“ Auch Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen fordert jetzt einen „politischen Prozess“.

Wie ein diplomatischer Ausweg allerdings aussehen könnte, darüber gehen die Meinungen auseinander. Einig sind sich noch die allermeisten darin, dass es für Gaddafi - oder auch einen seiner Söhne - in Libyen keine politische Zukunft geben darf. Aber schon die Frage, ob der „Revolutionsführer“ nach vier Jahrzehnten weg sein muss, bevor ein Dialog überhaupt erst beginnen kann, ist strittig.

Auch der Übergangsrat wird unterschiedlich beurteilt. In Doha war der „Außenminister“ der Bengasi-Regierung, Mahmud Dschibril, offiziell dabei. Aber in den Kulissen wirkte auch Gaddafis ehemaliger Außenminister Mussa Kussa mit, der sich vor kurzen nach London abgesetzt hatte. Der Ex-Geheimdienstchef will auch im „neuen Libyen“ eine Rolle spielen. Es ist nicht ganz einfach, das Lager der einstigen Gefolgsleute und jetzigen Gaddafi-Gegner zu überblicken.

Offen blieb auch die Frage, ob dem Übergangsrat mit Geld geholfen werden soll. Der britische Außenminister William Hague bekam viel Applaus für die Forderung nach einem Fonds, mit dem die Rebellen unterstützt werden. Auch Westerwelle äußerte Verständnis. Schließlich gehöre das Geld, das durch internationale Sanktionen eingefroren wurde, „wenn es sich um Staatseigentum handelt, dem libyschen Volk.“

Die Kontaktgruppe verständigte sich aber nur darauf, die Frage zu prüfen. Ihr nächstes Treffen soll in Italien stattfinden. Aber schon am Donnerstag geht die Suche nach der „politischen Lösung“ weiter, beim Nato-Treffen in Berlin. Mit einem Durchbruch rechnet keiner.