Analyse: Von der Gefahr des Scheiterns

Berlin (dpa) - Angela Merkel lässt sich ungern an der Nase herumführen. Weder von Griechenland bei Milliardenhilfen noch von der Opposition bei Bundestagsberatungen und genauso wenig von ihrer Koalition beim Betreuungsgeld.

Wie so oft kommt aber alles auf einmal und so sieht es wieder nach Schicksalswochen für Schwarz-Gelb aus.

Ihren Abflug zum G20-Gipfel der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer im mexikanischen Los Cabos verschob Merkel am Sonntag um ein paar Stunden gen Mitternacht. Für den Biorhythmus sei es besser, nachts zu fliegen - und zu schlafen, begründete dies Regierungssprecher Steffen Seibert.

Krisen-Telefonate von Merkel noch am Abend nach der Griechenland-Wahl seien nicht geplant, versicherte er. Angeblich soll sich aber Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dafür bereitgehalten haben. Und Merkel trifft die anderen Staats- und Regierungschefs ohnehin am Montag und Dienstag in Mexiko.

Wie groß die Anspannung in Berlin ist, zeigte eine Reaktion von Finanzministeriumssprecher Martin Kotthaus kurz vor der Wahl. Er konnte in einer Pressekonferenz nicht über die Spekulation lachen, dass Merkel als Fan der deutschen Fußballnationalmannschaft ihren Abflug vielleicht auch wegen des EM-Spiels gegen Dänemark verschoben hatte. „Das ist kein Fußballspiel, das wir machen.“ Es gehe um einen extrem wichtigen politischen Prozess, raunzte er.

Nach der Parlamentswahl bot Außenminister Guido Westerwelle (FDP) Athen schnell Aufschub bei der Umsetzung des Sparprogramms an. Allerdings dürfe es keine substanziellen Änderungen geben, mahnte er via ARD und ZDF. Er setze auf die Vernunft der künftigen Regierung und die Einhaltung geschlossener Verträge.

Nach einer zweiten Prognose auf der Grundlage von Wählerbefragungen deutete sich am Abend ein knapper Wahlsieg der konservativen Nea Dimokratia an. Die proeuropäische Partei lag mit rund 30 Prozent leicht vor dem Bündnis der radikalen Linken von Alexis Tsipras mit 28,4 Prozent.

Der Merkel-Regierung geht es darum, bei der ganzen Unruhe in und um Griechenland selbst Ruhe auszustrahlen. Alle Augen sind auf Berlin gerichtet, heißt es in Politik und Wirtschaft fast weltweit, wenn es um die Euro-Krise geht. Zuckt Merkel, reagieren die Börsen.

Auf die Frage, ob Merkel auch mit Tsipras sprechen würde, betonte Seibert vor der Wahl: Die Bundesregierung ist zum Gespräch mit jeder rechtmäßig gewählten Regierung eines Partnerlandes bereit. In Berlin ist die Sorge aber groß, dass in Griechenland die Reformgegner so an Macht gewinnen, dass sie wie angekündigt Absprachen mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds IWF brechen könnten.

In Merkels CDU gibt es Rufe nach Vorbereitung auf den Ausstieg Athens aus dem Euro. Merkel weiß, dass sie ein drittes Hilfspaket für Griechenland im Bundestag und auch in der eigenen Koalition wohl nicht durchsetzen könnte. So sagte sie beim Parteitag der Hessen-CDU in Darmstadt sowohl an die Adresse Athens als auch an die eigene Partei: „Und es kann nicht sein, und das ist jetzt auch die Aufgabe im Zusammenhang mit der griechischen Wahl, dass zum Schluss herauskommt, wer sich an die Abmachungen nicht hält, der kann jeden anderen sozusagen am Nasenring durch die Manege führen.“

Das dürfte auch beim Betreuungsgeld für die Kanzlerin gelten: Abmachungen müssen eingehalten werden - auch wenn ihr eigenes Herz nicht an dieser Staatsleistung hängt. Die SPD frohlockt ob des Debakels für Union und FDP im Bundestag am Freitag, als mangels Beschlussfähigkeit die Sitzung beendet und die erste Beratung zum Betreuungsgeld hinfällig wurde. Damit wurde auch die Abstimmung vor der Sommerpause gekippt und der Koalition steht jetzt eine Zerreißprobe bevor. CSU-Chef Horst Seehofer drohte jedenfalls schon einmal mit nichts Geringerem als Koalitionsbruch, sollte das Betreuungsgeld nicht kommen, das wohl keiner so liebt wie er.

Für die SPD-Fraktion war der Freitag ein wichtiges Ventil - machte sich zuletzt doch Unmut breit ob des fast großkoalitionären Kurses, erzwungen durch den Druck der Eurokrise. Hier konnten die Sozialdemokraten mal wieder klare Kante gegen Schwarz-Gelb zeigen. SPD-Chef Sigmar Gabriel mahnt zwar weiter, dass Union und FDP beim EU-Fiskalpakt für Haushaltsdisziplin auf eine Zweidrittel-Mehrheit und damit die Stimmen angewiesen seien. Aber er sagt auch, dass man sich da nicht verbeißen dürfe. Eine ganz neue Dramatik könne entstehen, wenn Europa bald merke, dass die bisherigen Instrumente nicht ausreichten.

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