Anwalt: Staatstrojaner kam aus Bayern

Landshut/München (dpa) - Die als „Staatstrojaner“ bekannt gewordene Überwachungssoftware staatlicher Ermittler kam nach Darstellung eines Landshuter Anwalts aus Bayern.

Einer der vom Chaos Computer Club dokumentierten „Staatstrojaner“ sei auf der Festplatte eines seiner Mandanten gefunden worden, schrieb der Jurist Patrick Schladt in einer Mitteilung, die das Internet-Portal „ijure.org“ am Montag veröffentlichte. Bayerns Innenministerium prüft derzeit die Vorgänge. Die Grünen und die SPD verlangten lückenlose Aufklärung. Der Anwalt war telefonisch zunächst nicht zu erreichen.

„Aufgespielt wurde der Trojaner bei Gelegenheit einer Kontrolle meines Mandanten durch den Zoll auf dem Münchener Flughafen“, schrieb Schladt. Auch wenn die Maßnahme selbst von bayerischen Behörden kontrolliert wurde, so steht für mich außer Frage, dass Stellen des Bundes - etwa der Zoll bzw. das Zollkriminalamt - im Wege der Amtshilfe beteiligt waren.“

Der Fall hatte bereits im Frühjahr Schlagzeilen gemacht. Dabei war bekannt geworden, dass bayerische Ermittler mit Hilfe der Überwachungssoftware nicht nur Telefongespräche überwacht, sondern auch alle 30 Sekunden Bildschirmfotos („screenshots“) vom Rechner eines Verdächtigen aufgenommen hatten, sobald dieser seinen Internet-Browser oder die Chat-Software „Skype“ benutzte. Ermittelt wurde gegen den Mann wegen Verdachts auf Drogenhandel. Das Landsgericht Landshut hatte die Aufnahme der Bildschirmfotos im Januar für rechtswidrig erklärt und dem Landeskriminalamt weitere Bildschirmaufnahmen verboten.

Der Landshuter Fall war aber nach Angaben der Grünen nicht der einzige: „Das Landeskriminalamt in Bayern hat nachweislich in mindestens fünf Fällen Computer mit Trojanern ausgeforscht und dabei auch Screenshots angefertigt“, sagte Susanna Tausendfreund, die innenpolitische Sprecherin der Grünen im bayerischen Landtag. „Der Verdacht drängt sich auf, dass der sogenannte Bundestrojaner in Wirklichkeit ein Bayern-Trojaner ist.“ Das habe das Innenministerium selbst in seinen Antworten auf Grünen-Anfragen eingeräumt. Die SPD verlangte Aufklärung, welche technischen Fähigkeiten die von Polizei und Verfassungsschutz in Bayern eingesetzten Überwachungsprogramme haben. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte am Morgen - noch vor Bekanntwerden der Vorwürfe: „Da liegen mir noch zu wenig Informationen vor, als dass ich dazu etwas sagen könnte.“