Betreuungsgeldgesetz im Kabinett verabschiedet
Berlin (dpa) - Die Bundesregierung hat das weiterhin heftig umstrittene Betreuungsgeld verabschiedet.
Die Koalition will Eltern, die die Betreuung ihrer Kleinkinder selbst organisieren und keine staatlich geförderte Krippe oder Tagesmutter in Anspruch nehmen, ab Januar 2013 ein Betreuungsgeld von zunächst 100 Euro monatlich zahlen. Ab 2014 soll der Betrag für die zwei- und dreijährigen Kinder auf 150 Euro erhöht werden.
Die Koalitionsfraktionen wollen das auch intern umstrittene Gesetz bereits am 29. Juni im Bundestag abschließend verabschieden. Das ist die letzte Sitzung vor der Sommerpause. Weitere Auseinandersetzungen im Bundestag und Bundesrat werden erwartet.
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) sagte nach der Kabinettsentscheidung der Nachrichtenagentur dpa, das Betreuungsgeld und der Ausbau der Kita-Plätze sicherten Eltern echte Wahlfreiheit bei der Kindererziehung. Es sei aber wichtig, nun auch für mehr Kita-Plätze zu sorgen. Nach Schätzungen der Kommunen fehlen derzeit in Deutschland noch 160 000 Platze. Ab 1. August 2013 haben Eltern einen Rechtsanspruch auf ein Betreuungsangebot.
Nach dpa-Informationen lässt Hamburg im Auftrag der SPD-Länder in einem Rechtsgutachten prüfen, wie das Gesetz im Bundesrat noch zu Fall gebracht werden kann. Nach Auffassung der Bundesregierung ist dagegen das Gesetz in der Länderkammer nicht zustimmungspflichtig.
SPD-Vize Manuela Schwesig sagte, das Betreuungsgeld wirke wie eine schädliche „Fernhalteprämie“, weil es Eltern ermuntere, Kinder von frühkindlicher Bildung in der Kita fernzuhalten. „Nichts kann diesen bildungspolitisch grundfalschen Schritt rechtfertigen“. Das Geld sollte besser in den Kita-Ausbau investiert werden, forderte die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern.
Für die Grünen sprach die Bundestagsabgeordnete Katja Dörner von einem ein bildungs- und familienpolitischem Desaster. Die Bundeskanzlerin und ihre Familienministerin ließen es zu, dass die CSU „der ganzen Republik ihr längst überholtes Frauen- und Familienbild aufzwingt“.
Die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Dorothee Bär (CSU), sagte dagegen, mit dem Betreuungsgeld schaffe der Bund für Eltern Wahlfreiheit und eine Alternative zur Krippenbetreuung. Die Reduzierung oder Aufgabe der Erwerbstätigkeit der Eltern sei keine Voraussetzung für die Auszahlung der neuen Familienleistung.
Das Betreuungsgeld sollen diejenigen Eltern erhalten, die für ihre Kinder zwischen dem 13. und 36. Lebensmonat kein staatlich gefördertes Angebot in einer Krippe oder bei einer Tagesmutter in Anspruch nehmen. Das Gesetz soll ab 1. Januar 2013 zunächst nur für Kinder im zweiten Lebensjahr mit 100 Euro monatlich starten.
Für das Betreuungsgeld sind 2013 Ausgaben von rund 300 Millionen Euro eingeplant. Ab 2014 werden Aufwendungen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro, ab 2015 dann 1,2 Milliarden Euro erwartet. Der nordrhein-westfälische FDP-Chef Christian Lindner stellte vor diesem Hintergrund klar, der Haushaltsausgleich 2014 dürfe durch das Betreuungsgeld nicht gefährdet werden.
Laut „ARD-Deutschlandtrend“ lehnen mehr als zwei Drittel der Bürger (69 Prozent) das Betreuungsgeld ab. 29 Prozent unterstützen dagegen die Idee. 68 Prozent der Deutschen würden, wenn sie ein Kind unter drei Jahren hätten, es eher in eine Kita schicken. Dafür, dass es im August 2013 voraussichtlich nicht genügend Betreuungsplätze geben wird, sehen 67 Prozent der Bürger Bund, Länder und Kommunen gemeinsam in der Verantwortung.