Asylpaket II CDU kritisiert SPD und beharrt auf Asyl-Beschlüssen

Berlin (dpa) - Nach dem monatelangen Streit über das Asylpaket II gibt es in der Koalition neuen Ärger um die gerade erst beschlossenen Gesetzesverschärfungen. Es geht um die Frage, ob es bestimmten minderjährigen Flüchtlingen verboten werden soll, ihre Eltern nach Deutschland nachzuholen.

Foto: dpa

SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel sagte dem ARD-Hauptstadtstudio, dies sei mit ihm nicht abgesprochen gewesen - und löste damit große Irritationen beim Koalitionspartner aus. Unions-Politiker erklärten, das Vorhaben sei so vereinbart worden, und dabei bleibe es. Die Opposition reagierte mit Spott auf die neuen Querelen. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) sollen nun eine Lösung finden.

Die Koalitionsspitzen hatten sich Ende Januar in einem zweiten Anlauf auf das Gesetzespaket verständigt. Am Mittwoch hatte das Kabinett die Pläne beschlossen. Darin ist unter anderem vorgesehen, für bestimmte Flüchtlingsgruppen den Familiennachzug für zwei Jahre auszusetzen. Gelten soll dies für Menschen mit „subsidiärem Schutz“ - eine derzeit nur kleine Gruppe. Es handelt sich um jene, die sich nicht auf das Grundrecht auf Asyl berufen können und auch keinen Schutzstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention genießen, aber dennoch wegen Gefahr für Leib und Leben vorläufig in Deutschland bleiben dürfen.

In einem früheren Entwurf für das Gesetzesvorhaben waren unbegleitete Minderjährige aus dieser Gruppe noch von einer Beschränkung beim Familiennachzug ausgenommen gewesen. In der vom Kabinett beschlossenen Fassung taucht diese Klausel aber nicht mehr auf.

Das ARD-Hauptstadtstudio berichtete, Gabriel - der Wirtschaftsminister ist - habe erst durch ARD-Recherchen davon erfahren. Dabei wurde der Gesetzentwurf wie üblich unter den Ministerien abgestimmt, auch jenen in SPD-Hand.

Unions-Fraktionsvize Thomas Strobl (CDU) äußerte sich „sehr verwundert“ über das Verhalten der SPD. Die Regelungen seien breit diskutiert worden. Dass der SPD-Chef plötzlich behaupte, nicht im Bilde gewesen zu sein, sei sehr irritierend. „Außerdem sollte man doch erwarten können, dass die SPD-Ressorts die Gesetzesentwürfe auch genau lesen.“ Der „Bild am Sonntag“ sagte Strobl: „Wir wollen nicht, dass es das neue Geschäftsmodell der Schlepper wird, Teenager zu schleusen, die dann ihre Eltern nachholen.“ Daher sei vereinbart, den Familiennachzug für subsidiär Geschützte komplett auszusetzen.

CDU-Vize Julia Klöckner warf der SPD vor, eine Politik des „Hü und Hott“ zu betreiben und damit Populisten in die Hände zu spielen.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte der „Bild am Sonntag“, das Vorhaben sei in der Koalition „ohne Wenn und Aber“ beschlossen worden. Den Koalitionspartner kritisierte er scharf: „Da ist jeder Karnevalsverein besser organisiert als die SPD.“

SPD-Vize Ralf Stegner konterte via Twitter: „Dieser Scheuer von der CSU bläst schon wieder Backen auf und macht die SPD an: Ausgerechnet der gescheiterte Doktor von der Krawall-Partei.“

Andere Teile der SPD mühten sich, die Wogen zu glätten. Aus Parteikreisen hieß es, die SPD stehe selbstverständlich weiter zum Asylpaket. Es gebe lediglich juristische Unklarheiten, ob die Beschränkung beim Familiennachzug tatsächlich auch für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge mit „subsidiärem Schutz“ gelte oder ob es für sie möglicherweise Ausnahmeregelungen gebe.

Hinter den Kulissen liefen am Wochenende innerhalb der Koalition einige Gespräche, um diese Frage zu klären - allerdings ohne Ergebnis. De Maizière und Maas sollen nun „Anfang der Woche eine Klärung herbeiführen“, wie ein Sprecher des Justizressorts am Nachmittag mitteilte.

Die Opposition äußerte sich hämisch. „Eine Regierung, die nachdem sie ein Gesetz beschließt, nicht weiß, was sie denn beschlossen hat, ist schlicht eine Chaostruppe“, sagte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch der „Welt“. „Wo Gradlinigkeit und Souveränität notwendig wären, regiert ein Dilettantenstadl.“ Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt beklagte, es sei unfassbar, dass die eine Regierungsseite nicht wisse, was die andere tue.