De Maizière will weiter eingeschränkten Status für Syrer
Berlin (dpa) - Nur wenige Tage nach der Asyleinigung der großen Koalition ist der Streit zwischen CDU, CSU und SPD wieder voll entbrannt. Ausgangspunkt ist der Vorstoß von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), syrischen Flüchtlingen nur noch einen eingeschränkten Schutz zu gewähren.
Während dies am Wochenende von der SPD-Spitze abgelehnt wurde, erhielt de Maizière Unterstützung von CSU-Chef Horst Seehofer und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Das Kanzleramt bemühte sich vergeblich, die Diskussion für beendet zu erklären. Syrer stellen aktuell eine der größten Gruppen unter den Flüchtlingen.
De Maizière hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am Wochenanfang bereits angewiesen, Syrer nicht mehr automatisch als Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention anzuerkennen. Ihnen solle nur noch ein sogenannter subsidiärer Schutz mit einem Aufenthalt für ein Jahr gewährt und der Familiennachzug verboten werden. Dies war zunächst nicht bekannt geworden. Am Freitag berichtete de Maizière im Deutschlandfunk von der neuen Vorgehensweise. Nach scharfer Kritik aus der SPD musste er diese Weisung zurücknehmen.
Er erhielt dann jedoch Rückendeckung von der CSU. „Thomas de Maizière hat recht“, sagte Seehofer der „Süddeutschen Zeitung“ (Montag). „Wir müssen wieder nach dem Gesetz handeln und den Flüchtlingsstatus jedes Syrers genau prüfen.“
Schäuble wies in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ darauf hin, dass dies internationalem und europäischem Recht entspreche: „Wir müssen natürlich den Familiennachzug begrenzen, denn unsere Aufnahmekapazität ist ja nicht unbegrenzt“, sagte er. „Ich halte das für eine notwendige Entscheidung und ich bin sehr dafür, dass wir sehr rasch uns darüber in der Koalition verständigen.“
SPD-Chef Sigmar Gabriel lehnte dies im „Bericht aus Berlin“ jedoch ab. Die SPD werde dazu jetzt nicht Ja sagen, weil das nie besprochen worden sei. „Im Gegenteil, es ist das Gegenteil besprochen worden. Und niemand kann von der SPD erwarten, dass wir so im 24-Stunden-Takt mal öffentlich zu irgendwelchen Vorschlägen Ja oder Nein sagen.“ Gabriel warnte davor, den Eindruck entstehen zu lassen, „dass wir, ein bisschen lax gesprochen, jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf treiben“. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) forderte in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“, „das, was man beschlossen hat, erst mal umzusetzen, bevor bereits die nächsten Vorschläge gemacht werden“.
Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU), der seit einem Monat auch Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung ist, versuchte, die vom Innenminister ausgelöste Debatte zu beenden. „Das war eine Diskussion vorgestern, am Freitag, die inzwischen auch schon wieder beigelegt ist“, sagte er am Sonntag im Deutschlandfunk. CDU, CSU und SPD hätten gemeinsam eine „kurze Phase der Irritation“ überwunden. Die Verfahren für die Syrer würden weiterhin so behandelt wie bisher.
Altmaier machte zugleich deutlich, dass er ursprünglich nicht über die Weisung de Maizières an das zuständige Bundesamt informiert gewesen sei.
De Maizière beharrt auf seinem Standpunkt. Er sagte dem Fernsehsender n-tv, er halte es nach wie vor für richtig, „auch bei Syrern wieder in jedem Einzelfall zu prüfen, welcher Schutzstatus angemessen ist, statt pauschal zu verfahren“. Er sehe dazu noch „Gesprächsbedarf“ in der Koalition. Diesen Bedarf sieht die SPD nicht. „Eine weitere Beschränkung des Familiennachzugs über das Vereinbarte hinaus, wird es nicht geben“, sagte SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel der Deutschen Presse-Agentur.
Die Grünen-Abgeordnete Renate Künast bezeichnete de Maizière im „Tagesspiegel“ als unberechenbar. Aus den Reihen der Linkspartei kamen Rücktrittsforderungen.
Bislang werden Menschen aus dem Bürgerkriegsland Syrien bevorzugt behandelt und beinahe ausnahmslos als Flüchtlinge anerkannt. Sie erhalten damit eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, warnte vor einer Schlechterstellung der Syrer. Für die beiden christlichen Kirchen sei „eine rechtliche Herabstufung von syrischen Flüchtlingen und eine Flüchtlingspolitik der Abschreckung und der Abschottung gegenüber Menschen, die vor dem Horror des IS fliehen, nicht akzeptabel“, sagte er in Bremen.